Ein Bericht über Mikro- und Makroalgen in Bezug auf Welternährung, Klima- und Umweltschutz
Die meisten Menschen kennen die Mikroalgen Chlorella und Spirulina sicher bereits als gesunde Nahrungsmittel.
Welchen Einfluss diese aber auf die Entstehung des Lebens auf der Erde und den damit verbundenen Prozessen hatten, ist vielen wahrscheinlich eher unbekannt.
Das ist schade, denn Algen im Besonderen haben in der Vergangenheit bereits Großartiges geleistet und können auch zu den Herausforderungen unserer Zeit viel beitragen.
Wir versuchen daher einen Einblick in die Ursprünge, die Geschichte und den damit zusammenhängenden Eigenschaften von Mikroalgen zu geben und auch die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten und Potentiale zu beleuchten.
Im Zentrum unserer Betrachtung wird dabei der Zusammenhang von Ernährung und Klimawandel stehen, was uns wiederum direkt zu den Kernkompetenzen von Chlorella, Spirulina und Co und deren großen Geschwistern, den Makroalgen, führt, nämlich der Produktion von extrem hochwertigen Nährstoffen und der Produktion von Sauerstoff und der damit verbundenen Bindung von Kohlendioxid.
Algen gegen Klimawandel und Artensterben
Der Klimawandel und die Ernährungsprobleme sind zwei Probleme unserer Zeit, die sich leider gegenseitig bedingen.
Aufgrund des stetigen Bevölkerungswachstums, ist natürlich auch ein permanent steigender Konsumgüterbedarf zu verzeichnen, was zur Folge hat, dass immer mehr Rohstoffe, Energie und auch Anbauflächen benötigt werden.
Dies bleibt natürlich nicht ohne Folgen für die Umwelt.
Pro Jahr werden ca. 30 Mio. Hektar an Regenwald abgeholzt. Diese Fläche wird hauptsächlich für den Anbau von Sojabohnen, welche wiederum als Kraftfutter für die Rinderzucht benötigt werden, und die Kultivierung von Palmöl genutzt.
Regenwaldrodung für Palmölplantagen
Dies hat zum Einen zur Folge, dass die „grüne Lunge“ des Planeten zerstört wird und ein Großteil der biologischen Diversität verschwindet, was wiederum die Desertifikation fördert und Hochwässer begünstigt, da der Boden Starkniederschläge nicht mehr aufnehmen kann.
Zum Anderen sorgt es dafür, dass noch mehr CO2 in die Erdatmosphäre freigesetzt wird, da dies nicht mehr in Form von Biomasse gespeichert ist und somit den Treibhauseffekt weiter verstärkt.
Dies kann man aktuell besonders deutlich in Brasilien und in den letzten Jahren in Indonesien und Malaysia beobachten.
Unterstützt wird dies durch die übermäßige Rinderzucht und den damit verbundenen Methanausstoß, welches wie CO2 eine treibhausverstärkende Wirkung hat.
Dies stellt natürlich vor allem Länder, die aufgrund der Trockenheit ohnehin schon mit Ernteausfällen zu kämpfen haben, vor zusätzliche Herausforderungen, denn diese sind von den Auswirkungen des Klimawandels mit am stärksten betroffen.
Wie können nun Algen zur Lösung dieser Dilemmata beitragen?
Kein Sauerstoff ohne Cyanobakterien und Mikroalgen
Um diese Frage zu beantworten müssen wir 2,7 Mrd. Jahre in der Zeit zurück ins Zeitalter des Tertiär springen und uns die Entstehung von Cyanobakterien und Mikroalgen ansehen.
Zu dieser Zeit war die Erde ein unwirtlicher Ort, weitestgehend frei von Sauerstoff mit einer dünnen Atmosphäre die hauptsächlich aus Wasserdampf, Kohlendioxid, Methan, Schwefelwasserstoff und Stickstoff bestand. Diese Elemente fanden sich dann auch in den Urozeanen, der sogenannten Ursuppe, wieder, welche die Erde mit einer Mischung aus Wasser, Schwefelverbindungen und Ammoniak bedeckte.
Ursuppe vor 3,5 Milliarden Jahren
Kaum vorstellbar, dass sich unter diesen lebensfeindlichen Konditionen dennoch Cyanobakterien, auch Blaualgen genannt, wie Spirulina, bilden konnten.
Dennoch waren diese zu den Prokarioten, also Bakterien ohne Zellkern, zählenden Organismen die Voraussetzung dafür, dass sich überhaupt weiteres Leben auf der Erde bilden konnte.
Von der Entstehung der sogenannten Eukarioten, also den ersten Einzellern wie Chlorella, sind wir zu diesem Zeitpunkt allerdings noch mehrere 100 Mio. Jahre entfernt, da diese zum Leben Sauerstoff benötigen.
Dieser musste allerdings erst noch gebildet werden.
Hierbei kamen die Cyanobakterien ins Spiel, da diese unter Sauerstoffabschluss lebensfähig und gleichzeitig in der Lage sind Energie durch Photosynthese zu bilden. Sie werden deswegen heute auch als Blaualgen bezeichnet, da sie eben auch Eigenschaften von Algen aufweisen.
Cyanobakterien - Blaualgen - Spirulina unter dem Mikroskop
Die ersten Verwandten von Spirulina begannen also unter widrigsten Bedingungen mit der Produktion von Sauerstoff, welcher eigentlich nur ein Nebenprodukt der Photosynthese war, banden dabei gleichzeitig Kohlendioxid und leiteten damit einen der größten Transformationsprozesse ein, der auf dieser Welt je stattgefunden hat. Die Erde begann quasi zu „rosten“. Sie schufen damit das Fundament für alles weitere Leben auf der Erde und bereiteten zuallererst den Weg für die ersten Mikroalgen mit Zellkern wie Chlorella.
Diese ersten einzelligen Algen bildeten sich dann vor ca. 1,9 Mrd. Jahren und übernahmen in den den darauf folgenden 1 Mrd. Jahren in großer Vielfältigkeit die Überherrschaft über den Planeten.
Man kann davon ausgehen, dass diese Mikro- und Blaualgen auch nach mehreren Mrd. Jahren der Entwicklung im Wesentlichen unverändert sind und auch heute noch noch in teilweise unwirtlichen Gegenden ihr Dasein fristen. Beide Arten sind nach wie vor extrem tolerant gegenüber Austrocknung, Salzwasser aber auch Kälte und Hitze und wachsen somit zum Beispiel auch bei Gletschern und heißen Quellen bis zu 70 Grad Celsius.
Mikroalge Chlorella unter dem Mikroskop
Dies waren also die ersten winzigen Lebewesen auf der Erde, die unter extremsten Bedingungen in der Lage waren, den größten Transformationsprozess des Planeten einzuleiten und somit mitverantwortlich für die Entstehung unserer Erdatmosphäre sind und letztendlich das Fundament für die Entstehung allen Lebens auf unserem Planeten bilden.
Was läge also näher, als uns bei unseren Ernährungs- Klima- und Umweltproblemen wieder auf Ihre Expertise zu verlassen.
Chlorella und Spiruina - Klimaschutz und Ernährung optimal kombiniert
Was aber können Mikroalgen gegen den Klimawandel und die Ernährungsprobleme tun? Nun die Antwort ist denkbar einfach.
Die Kultivierung von Algen wie Spirulina und Chlorella ist sehr effizient, da Algen, wie wir bereits wissen, auch unter schlechten Bedingen in der Lage sind gut zu wachsen und einen hohen Gehalt an Nährstoffen zu produzieren.
Mit Chlorella und Spirulina kann man die 10-15fache Menge an Eiweiß produzieren, als es beim Anbau von Sojabohnen möglich ist.
Während man also für den Sojabohnen-Anbau, der hauptsächlich der Produktion von Viehfutter dient, ständig neue Regenwald-Flächen abholzt, hat man die Möglichkeit den Mikroalgen Anbau in küstennahen Wüstenregionen zu betreiben und gleichzeitig mit Aufforstungsprojekten zu kombinieren.
Dies klingt zunächst nach einem Widerspruch, entpuppt sich aber bei näherem Hinsehen als geniale Möglichkeit „zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen“, nämlich Aufforstung und Ernährung in Regionen, die eigentlich eher lebensfeindlich sind.
Die Lösung sind hierbei sogenannte Meerwasser-Gewächshäuser.
Gewächshäuser für grünes Wachstum in der Wüste
Die Grundidee hierbei ist einfach, man wandelt Salzwasser in Trinkwasser um. Denn eigentlich gibt es genug Wasser auf der Welt, das meiste davon ist nur zu salzig.
Hiervon gibt es mittlerweile verschiedene Varianten.
Die älteste Lösung stammt wohl aus den 70er Jahren und wurde von dem Hamburger Ingenieur Dr. Rolf Bettaque entwickelt und schon damals in der israelischen Negevwüste getestet.
Bei diesem, im Grunde genommen sehr simplen Ansatz, wird ein Gewächshaus mit 2 übereinander liegenden Dächern ausgestattet. Das untere Dach wird ständig mit Salzwasser überströmt, welches durch die Hitze verdunstet und sich am oberen Dach niederschlägt, von wo es abläuft und zur Bewässerung dient. Zur Serienreife kam das Projekt allerdings nie.
Andere Projekte sind hier schon vielversprechender und in einigen Ländern auch schon im Einsatz.
Charly Paton‘s Projekt „Seawater Greenhouse“ ist schon seit etwa 20 Jahren in verschiedenen Ländern im Einsatz und verfolgt einen ähnlichen Ansatz, wie der von Bettaque.
Prinzip eines Meerwasser-Gewächshauses
Auch hier ist das Grundprinzip die Gewinnung von Süß- aus Salzwasser und auch bei diesem Ansatz ist die Funktionsweise denkbar einfach.
Mit Hilfe von solarbetriebenen Pumpen wird das kühle Meerwasser zu den Gewächshäusern gepumpt, wo es auf der Vorderseite über luftdurchlässige schwammartige Wände geleitet wird.
Auf der Rückseite des Gewächshauses stehen große Ventilatoren und saugen heiße Wüstenluft durch die Schwammstruktur ins Innere des Gewächshauses.
Beim Auftreffen auf die Schwammstrukturen wird die heiße Wüstenluft mit Wasser gesättigt und kühlt dadurch ab. Dies hat zum Einen zur Folge, dass die Temperatur im Inneren des Gewächshauses sinkt und dadurch ein Temperaturniveau geschaffen wird, welches für den Anbau von Pflanzen geeignet ist und zum Anderen wird somit Süßwasser ins Innere des Gewächshauses transportiert. Doch damit ist der Prozess noch nicht beendet, denn die Luft verlässt das Gewächshaus auch wieder auf der Rückseite.
Dort wird die Luft erneut durch die schwammartigen Wandstrukturen geleitet. Auf dieser Seite sind diese allerdings mit heißem Salzwasser getränkt, dass durch Röhren auf dem Dach des Gewächshauses geleitet und dort von der Sonne erhitzt wird.
Die Luft wird hier also erneut mit Frischwasser gesättigt und dann über ein System von vertikalen Röhren geleitet, welches kühles Meerwasser enthält. Dadurch kondensiert das in der Luft enthaltene Wasser und läuft in einen Wasserspeicher ab. Das so gewonnene Wasser kann zur zusätzlichen Bewässerung eingesetzt werden. Überschüssiges Wasser kann für die Aufforstung oder als Trinkwasser genutzt werden.
Der Vorteil ist, durch das Salzwasser werden keine Pestizide benötigt, da Schädlinge vom Salzwassser getötet werden. Aus der Sole gewonnene Mineralstoffe können zur Düngung genutzt werden.
Das Meerwasser-Gewächshaus würde somit optimale Bedingungen für die Kultivierung von Bio-Chlorella oder Bio-Spirulina liefern. Einerseits stellt es sauberes Trinkwasser und Nährstoffe bereit und zum anderen kommt es ohne den Einsatz von Pestiziden aus. Auf diese Weise kann man also hochwertige Algen anbauen, ohne Trinkwasser zu verschwenden und Ressourcen für die Düngung sparen.
Da im Gegensatz zu Chlorella für den Spirulina-Anbau nicht zwangsläufig Süßwasser benötigt wird, könnte man die Spirulina auch direkt im Salzwasser kultivieren.
Aber auch die Lösung von Paton ließ sich noch verbessern und somit gibt seit einigen Jahren eine Kooperation von Charlie Paton mit anderen Partnern unter dem Namen „Sahara Forest Projekt“.
Das Sahara Forest Project wurde von Architekt Michael Biomimetik Pawlyn, Meerwasser Greenhouse Designer Charlie Paton und Statiker Bill Watts entwickelt. Im Jahr 2009 trat das Trio gemeinsam mit Bellona, einer internationaler Umweltschutzorganisation mit Sitz in Norwegen, auf und präsentierte ihre Vorschläge bei der COP15 der 15. UN-Klimakonferenz in Kopenhagen.
Bei dieser Variante kommt bereits eine Salzwasser-Makroalgen-Produktion zum Einsatz. Aber auch Spirulina eignet sich hierfür hervorragend, da sie sowohl in Salz- als auch in Süßwasser wächst, somit könnte das gewonnene Süßwasser anderweitig verwendet werden. Eine weitere Möglicheit wäre die Nutzung von Photobioreaktoren, also geschlossenen Röhrensystemen, in denen Mikroalgen unter kontrollierten Bedingen wachsen.
Warum aber gerade Mikroalgen wie Chlorella und Spirulina. Nun wie bereits beschrieben, sind diese Algen extrem widerstandsfähig und wachsen unter widrigsten Umständen, wie extremer Hitze und Kälte, können aber auch mehrere Jahrzehnte der Trockenheit überstehen. Sie eignen sich daher von vornherein für den Anbau in Gegenden, die für die reguläre Landwirtschaft ungeeignet sind.
Beide Algen sind im Anbau enorm ergiebig, sodass man bei beide bestens für die Gewinnung hochwertiger Nahrungsmittel nutzen kann.
Doch damit sind die Möglichkeiten von Spirulina und Chlorella noch lange nicht erschöpft.
Kombinierte Gewässerreinigung und Energieerzeugung mit Algen
Sowohl Mikroalgen als auch Makroalgen eignen sich hervorragend für die Produktion von CO2-neutralen Bio-Kraftstoffen, wie Bio-Diesel oder Bio-Ethanol. Dies liegt daran, dass sie sehr ölhaltig sind.
Vor allem die Chlorella-Alge sticht hierbei wieder hervor, denn sie hat weitere positive Eigenschaften, die sich bei der Kraftstoffproduktion nutzen lassen.
Chlorella hat die Fähigkeit Schadstoffe wie Nitrat und Phosphat zu binden. Beide Stoffe werden in der Landwirtschaft als Dünger eingesetzt und finden sich in Folge dessen oft im Grundwasser, aber auch in oberflächennahen Seen und Flüssen wieder, wo sie im Übermaß die Umwelt schädigen. Hier hat man nun die Möglichkeit die Chlorella-Alge gezielt zur Schadstoffbekämpfung einzusetzen.
Algen zur Gewässerreinigung
Auch die Alge nutzt das Nitrat und Phosphat zur Bildung von Eiweißen und somit zum Wachstum. Sie entzieht bei diesem Prozess dem Gewässer die Schadstoffe und trägt somit zur Reinigung bei. Der Vorteil hierbei ist, dass Chlorella nur einen der beiden Stoffe zum Wachsen benötigt. Das heißt, selbst wenn einer der beiden Stoffe während der Reinigung aus dem Wasser verschwindet, stagniert das Algenwachstum nicht.
Aber nicht nur Nitrat und Phosphor werden von den Algen gebunden, sondern auch Schwermetalle wie Blei, Cadmium und Chrom. Hierzu gibt es Studien, die belegen, dass eine Kombination von Mikroalgen mit bestimmten Bakterienstämmen das Algenwachstum noch weiter beschleunigt und dafür sorgt, dass bis zu 93% der Schwermetalle im Wasser durch die Algen gebunden werden.
Während des Wachstumsprozesses bindet die Alge allerdings nicht nur Stickstoff und Phosphor, sondern auch Kohlendioxid. Für 2kg Algenmasse werden 2kg CO2 benötigt. Im Gegenzug wird natürlich Sauerstoff freigesetzt.
Am Ende dieses Wachstumsprozesses steht eine sehr ölhaltige und damit energiereiche Alge, die sich unterschiedlich nutzen lässt. Einerseits kann man sie in Biogasanlagen einbringen und zur Energiegewinnung nutzen. Der übrig gebliebene sogenannte Gärrest kann dann wieder als Dünger auf die Felder ausgebracht werden. Somit entsteht ein Kreislauf.
Energiewende beschleunigen - Algen als nachhaltiger Kraftstofflieferant
Die Algenmasse lässt sich aber auch, wie oben angedeutet, als CO2-neutraler Kraftstofflieferant nutzen.
Die sogenannten Triacylglyceride, vereinfacht gesagt natürliche Fette, die in den Algen enthalten sind, können extrahiert und anschließend zu Kraftstoff, z.B. Biodiesel raffiniert werden. Sie dienen somit als Alternative zu Erdöl.
Leider muß man sich darüber im Klaren sein, dass die Mengen, die man auf diesem Weg produzieren kann, niemals ausreichen würden, um den Bedarf an fossilen Brennstoffen zu ersetzen. Da aber aktuell für Bio-Treibstoffe wertvolles Ackerland verloren geht, kann dies eventuell eine Alternative zum derzeitigen Herstellungsprozess darstellen.
Biomasse-Raffinerie in Brasilien
Dasselbe gilt, wie bereits am Anfang des Textes beschrieben, für die Gewinnung von Palmöl und dem Anbau von Sojaprodukten zur Tierfuttererzeugung.
Sowohl für den Palmen- als auch für den Sojaanbau werden große Flächen Regenwald abgeholzt. Dieser Entwicklung könnte man Mikroalgen entgegen wirken.
Da Mikroalgen sehr ölhaltig sind und hauptsächlich ungesättigte Fettsäuren enthalten könnten Sie Palmöl zumindest teilweise ersetzen. Dasselbe gilt für Futter-Soja. Getrocknete Algen enthalten bis zu 50% mehr Protein als Sojabohnen und wären somit ein optimaler Kraftfutterersatz für die Viehzucht. Aufgrund ihres schnellen Wachstums, kann in kürzerer Zeit mehr Biomasse erzeugt werden. Auch die relativ schwere Verdaulichkeit von z.B. Chlorella spielt gerade in der Rinderzucht keine Rolle und der hohe Ölgehalt der Algen resultiert sogar in einem höheren Omega-3-Fettgehalt der Milch.
Somit könnte dieser Prozess zumindest teilweise dazu beitragen, die Regenwaldabholzung einzudämmen.
Regenwald-Abholzung
Eine besondere Rolle könnte dies in Brasilien spielen. Hier hat die Regenwaldabholzung in 2022 leider einen traurigen Rekord erreicht.
In nur einem Monat wurden im Oktober 2022 904 Quadratkilometer Regenwald abgeholzt.
Dies ist nicht nur für den Klimawandel eine absolute Katastrophe, sondern auch für die Biodiversität. Flora und Fauna werden sich von solchen Einschnitten nur sehr schwerlich je wieder erholen. Das Ökosystem, wie wir es jetzt kennen, wird bei fortschreitender Misshandlung schlichtweg aufhören zu existieren.
Umso wichtiger ist es und auf allen Ebenen dafür zu sorgen, dass dem Klimawandel, dem Artensterben und der Umweltverschmutzung entgegen gewirkt wird.
Dabei nutzt Brasilien tatsächlich schon seit mehreren Jahrzehnten ein System der Kraftstofferzeugung, welches eigentlich CO2 neutral ist.
Zuckerrohrernte in Brasilien
Fast jedes Auto in Brasilien fährt sowohl mit normalem Benzin als auch mit Ethanol.
Brasilien ist einer der größten Bio-Ethanol-Produzenten der Welt. Im tropischen Klima gedeiht Zuckerrohr besonders gut und schnell, welches sich aufgrund des hohen Zuckergehalts hervorragend für die Herstellung von Ethanol eignet.
Soweit so gut. Das Problem ist allerdings, dass für den Anbau von Zuckerrohr Landfläche benötigt wird, die in zunehmendem Maße durch Regenwald-Rodung gewonnen wird. Dies ist natürlich Unsinn und bringt mehr Schaden als Nutzen.
Auch hier können Mikroalgen eine sinnvolle Alternative sein. Schnell wachsend, produzieren sie auf deutlich geringerer Fläche energiereiche Biomasse.
Vor allem Spirulina platensis zeigte bei der Produktion von Bio-Ethanol wohl vielversprechende Ergebnisse und könnte somit in Zukunft dazu beitragen, die Abholzung des Regenwaldes zumindest einzudämmen.
Bei diesem Thema können in Zukunft aber nicht nur Mikroalgen, sondern auch Makroalgen in Frage kommen.
Die großen Geschwister der Mikroalgen - Makroalgen
Makroalgen haben andere Potentiale als Mikroalgen. Die meisten Menschen dürften sie als Seetang vom Urlaub am Meer kennen, wo man sie in der Regel in Überfluss am Strand findet.
Makroalgen werden schon heute vielfältig eingesetzt.
Unterwasseraufnahme Makroalgen/Seetang
Vor allem in asiatischen Ländern kommen sie vielfältig auf den Tisch. Hierzulande dürfte man in erster Linie die Nori-Algen als Ummantelung von Sushi-Rollen kennen oder den quietschgrünen Wakame-Algensalat. Beide sind sehr jodreich und werden daher vor auch in der veganen Ernährung als wertvoller Jod-Lieferant geschätzt. Doch hier ist Vorsicht geboten. Der Jodgehalt dieser Algen kann stark schwanken und teilweise deutlich überhöhte Jodgehalte aufweisen. Teilweise sind die Gehalte so hoch, dass gesundheitliche Schäden an der Schilddrüse nicht ausgeschlossen sind. Dies stellte die Stiftung Warentest bei einer Ihrer Untersuchungen fest.
Das gelegentliche Sushi schadet sicher nicht, aber wer regelmäßig Meeresalgen zu sich nimmt, sollte darauf achten, dass der Hersteller den Jodgehalt kontrolliert.
Auch in der Medizin kommen Algen gerne zum Einsatz, z.B. für die Herstellung von Kompressen, als Wundfüller oder Magensäure-Blocker.
Nun sollen uns die Algen aber noch bei einem anderen Problem unter die Arme greifen. Sie sollen helfen der Plastikflut Herr zu werden und gleichzeitig die Menge des CO2 in der Atmosphäre zu reduzieren.
Algen als nachhaltiger Plastikersatz
Makroalgen bieten dabei einen großen Vorteil. Sie bestehen aus einem äußerst zähen und widerstandsfähigem Material, den sogenannten Polymeren, welches gleichzeitig sehr flexibel ist. Dies sind Eigenschaften die sie mit Plastik teilen. Dies ist nicht verwunderlich, denn Plastik wird aus Erdöl hergestellt, welches wiederum durch die Umwandlung von organischem, hauptsächlich pflanzlichem Material, über Jahrmillionen entstanden ist.
Das Material, aus dem sich das Polymer in Algen zusammensetzt, sind hydrokolloidale strukturelle Polysaccharide, wie Agar, Alginat und Carragen.
Der Begriff „Hydrokolloid“ leitet sich vom griechischen Wort „hydro“ Wasser und „kolla“ Leim ab. Heißt, sie binden einerseits Wasser und bilden dabei eine gewisse Stabilität aus.
Dies kann man sich bei der Herstellung eines Plastikersatzes zu nutze machen. Es gibt heute bereits diverse Unternehmen, die mit Hilfe von Algen Plastikersatzprodukte herstellen.
Das folgende Video gibt Einblick in Vorteile, die Makroalgen bieten und stellt ein Unternehmen in Frankreich vor, welches erfolgreich mit dem neuen „Algen-Plastik“ arbeitet.
Der Plastikersatz birgt aber noch weitere Möglichketen gegenüber herkömmlichen Plastik. Reguläres Plastik besteht aus Erdöl, woraus sich mehrere Probleme ergeben. Produkte, die hieraus hergestellt werden, zersetzen sich zum Einen schlecht bis gar nicht. In der Regel zerfallen sie immer nur weiter in kleinere Bestandteile, bis sie in Form von Mikroplastik vorliegen, welches sich mittlerweile in der Umwelt, dem Erdboden, Gewässern, vielen Lebensmitteln und auch dem Trinkwasser wiederfindet und somit natürlich auch in den menschlichen Körper gelangt. Ob dies dem menschlichen Körper schadet, ist nach derzeitigem Stand der Forschung noch nicht bekannt.
Zum Anderen wird CO2 freigesetzt, wenn das Plastik nicht einfach nur zerfällt, sondern z.B. verbrannt wird, weil es zum recyclen nicht mehr geeignet ist.
Dieses CO2, welches vorher in Form des Öls in der Erdkruste gebunden war, gelangt somit natürlich in die Erdatmosphäre und treibt somit den Klimawandel weiter voran.
Wenn man nun einen Teil des Plastiks durch Algen ersetzt, wird zumindest ein Teil der CO2 Emissionen in einen Kreislauf übergeben.
Da die Algen während Ihres Wachstums Kohlendioxid binden, wird natürlich auch nur diese Menge beim Abbau des Produktes wieder frei.
Ein zusätzlicher positiver Effekt ist die Wasserreinigung beim Algenwachstum. Beim Wachstumsprozess binden die Algen, wie Eingangs im Text bereits beschrieben, Schadstoffe wie Nitrat und Phosphat und setzten diese in Wachstumsenergie um.
Doch damit nicht genug. Algen haben weitere Potentiale um dem Klimawandel entgegen zu wirken.
Landwirtschaft mit Algen neu gedacht
Neben Kohlendioxid gibt es noch ein weiteres Treibhausgas, welches zwar in der Atmosphäre in geringeren Mengen vorkommt, dafür aber ein deutlich höheres Treibhausgaspotential hat, Methan.
Das Treibhausgaspotential eines Gases beschreibt die Klimaauswirkungen einen Gases in einem bestimmten Zeitraum, zum Beispiel 100 Jahre, bezogen auf Kohlendioxid.
Dieses wird dann in sogenannten Kohlendioxid-Äquivalenten angegeben.
Eine Tonne Methan ist bei dieser Berechnung genauso schädlich wie 25 Tonnen CO2 auf einen Zeitraum von 100 Jahren betrachtet.
Insgesamt sinken die Methan-Emissionen zwar seit Jahren stetig. Ein Bereich, der aber auf konstant hohem Niveau Methan emittiert, ist die Landwirtschaft, vor allem die Viehzucht.
Dem kann man allerdings unter zu Hilfenahme bestimmter Algensorten entgegen wirken. In diesem Fall kämen nicht, wie zuvor beschrieben, Mikroalgen zum Einsatz, sondern bestimmte Arten von Makroalgen. Diverse Makroalgenarten haben die Eingenschaft, wenn Sie zum Beispiel dem Rinderfutter beigemischt werden, den Methanausstoß signifikant zu reduzieren, teilweise bis zu über 90 Prozent.
Besonders eine in australischen Gewässern beheimatete Alge, die Asparagopsis, tut sich hier hervor.
Ein weiterer positiver Effekt ist, dass die Futtermenge reduziert werden kann, was die Beimischung von Algen ins Futter nicht teurer macht. Gleichzeitig könnte man Bauern, die Ihre Tieren zusätzlich mit Algen füttern, Ausgleichszahlungen für die eingesparten Emissionen anbieten.
Um Algen allerdings in all diesen Bereichen großflächig zu nutzen, reichen die aktuellen Bestände sicher nicht und man müßte beginnen sie im großen Stil auf Algenfarmen anzubauen.
Algentrocknung auf Algenfarm
Makroalgen - Die CO2 Speicher der Zukunft?
Algenfarmen gibt es bereits heute schon. In den meisten Küstenregionen der Welt wird in mehr oder weniger großem Umfang Seetang für die menschliche Nutzung kultiviert.
Um allerdings im global notwendigen Ausmaß CO2 einzufangen, bedarf es einerseits deutlich größerer Farmen und andererseits müßte man die Algen kontinuierlich ernten und sie nicht nur in eine Kreislaufwirtschaft überführen, denn hier wäre die CO2-Speicherung begrenzt, sondern die Algenmasse dauerhaft und vor Verrottung geschützt lagern.
Hierzu schlagen einige Wissenschaftler vor, die Algen auf den Boden der Tiefsee abzusenken.
Dort würden Sie mit Sediment bedeckt und würden somit unter Sauerstoffabschluss gelagert. Dies wäre dasselbe System, das vor Jahrmillionen die Erdölbildung möglich machte.
Einen spannenden Beitrag dazu, finden Sie im folgenden Arte-Video.
Ein CO2 Speicher der anderen Art befindet sich bereits in der Testphase. Um diesen kennenzulernen, kommen wir noch einmal zu den Mikroalgen zurück. Diese werden in Belgrad und Paris in sogenannten Photo-Bio-Reaktoren eingesetzt. Hierbei handelt es sich um einen großen Glas-Container, ähnlich einem Aquarium, welches mit Wasser und einer Mikroalgen-Kultur gefüllt wird. Durch dieses Wasser wird dann die CO2-haltige Stadtluft geleitet, welches die Algen zum Wachstum und zur Sauerstoffproduktion anregt und damit die Luft der Innenstädte reinigt.
Im Winter benötigt dieses System etwas Zuwärme, welche durch Photovoltaik gewonnen werden kann.
Der Photo-Bio-Reaktor ist dabei deutlich effizienter, als es Bäume wären. Im Durchschnitt entfernt er in einem Jahr soviel CO2, wie ein Baum in 10 Jahren. Die entstehende Biomasse ließe sich wieder zur Energiegewinnung bzw. als Dünger verwenden. Auch hierzu gibt’s wieder ein Erklärvideo. :)
Zum Schluß bleibt noch zu sagen, dass Algen sicher nicht die Lösung für all unsere Probleme sein werden, aber sie können durchaus einen bedeutenden Beitrag in den Bereichen des Klimawandels, der Welternährung, Müllvermeidung und Energiegewinnung leisten.
Dies hat auch die UNO erkannt und stellt in ihren „Seaweed Manifesto“ noch einmal die Vorteile, aber auch die Herausforderungen und Risiken dar, die eine neu zu schaffende Algenindustrie mit sich bringt. Hoffen wir, dass es nicht bei Skizzierungen bleibt, sondern diese auch umgesetzt werden. In diesem Sinne: Essen Sie mehr Algen! :)