Interview mit Andreas Münnig vom Verein Solidarische Landwirtschaft Kleve e.V. Teil 3
Andreas Münnig von der Solawi Kleve mit Zucchini
Hier nun der dritte und letzte Teil des Interviews mit Andreas Münnig vom Verein "Solidarische Landwirtschaft Kleve e.V."
Lars Aspermühle: Mit welchen Problemen hattet ihr zu kämpfen?
Andreas Münnig: Wir sind jetzt im ersten Jahr des Projekts und da kommen natürlich viele Probleme und Herausforderungen auf einen zu.
Vor allem, weil dies ein Projekt ist, was auch ich vorher noch nie gemacht hatte, muss man erst mal schauen, wie man es angeht, weil natürlich viele neue Sachen auf einen zukommen.
Eigentlich war man die ganze Zeit nur damit beschäftigt Probleme zu bewältigen.
Es war ein ständiges Hin und Her, weil verschiedene Dinge nicht so gelaufen sind, wie wir uns das vorgestellt hatten.
Und dann gerät man unter Zeitdruck, was zur Folge hat, dass natürlich auch die Mitglieder unruhig werden.
Lars Aspermühle: Inwiefern, was waren da die Diskussionsgrundlagen?
Andreas Münnig: Ende letzten Jahres oder Anfang diesen Jahres Jahres hatten wir mitgeteilt, was wir anbauen wollen und welche Ernte die Leute ungefähr erwarten können.
Nur da wussten wir auch nicht, was alles auf uns zukommen wird.
Wir wollten eigentlich im Januar mit der ganzen Praxis beginnen, also Beete anlegen und die ganze Infrastruktur aufbauen und so weiter. So dass wir eigentlich im März schon mit den Pflanzungen oder Aussaaten hätten beginnen können oder vielleicht sogar schon im Februar.
In diesem Fall hätten wir im April schon die ersten Ernten einfahren können.
Dadurch, dass wir aber nicht so früh anfangen konnten, weil wir keine Anbaufläche hatten oder die Fläche nochmal wechseln mussten, konnten wir natürlich auch nicht so früh beginnen. Dadurch ist die Ernte natürlich auch ein paar Wochen später ausgefallen.
Lars Aspermühle: Das hat unter den Mitgliedern für Unmut gesorgt?
Andreas Münnig: Genau. Wir konnten erst im April mit den ganzen Arbeiten beginnen.
Aber da mussten erst noch die ganze Vorbereitung getroffen und alle Beete angelegt, aber parallel auch schon die Aussaat gemacht werden.
Und das alles in der absoluten Hochsaison, wo sowieso generell schon viel los ist in der Landwirtschaft. Man ist also zunächst damit beschäftigt, eine Grundlage zu schaffen.
Regen war auch ein großes Problem dieses Jahr.
Das war für uns am Anfang des Jahres sehr problematisch, weil wir den Acker nicht eggen konnten.
Mit Schnecken hielt es sich eigentlich noch in Grenzen. Die haben uns eigentlich keine großen Sorgen bereitet.
Lars Aspermühle: Was mich ein bisschen wundert, weil ich dieses Jahr sehr viele Schnecken im Garten hatte.
Und auch von anderen Leuten kam das Feedback das es dieses Jahr sehr viele Schnecken gab.
Andreas Münnig: Wir hatten nur bei den Jungpflanzen ein paar Probleme.
Da mussten wir die Schnecken mit der Hand absammeln, aber das konnte man einigermaßen im Griff behalten.
Als wir noch keine Fläche hatten, zog ich die Jungpflanzen bei mir zu Hause an.
Das war alles sehr eng und erschwerte die Kontrolle zusätzlich.
Da kann man die Schnecken natürlich nicht davon abhalten, die Pflanzen zu befallen.
Lars Aspermühle: So viele Bierfallen kann man gar nicht aufstellen.
Andreas Münnig: Genau, deswegen sind uns da einige Jungpflanzen kaputt gegangen.
Lars Aspermühle: Es gab also durchaus einige Anlauf- und Planungsschwierigkeiten?
Andreas Münnig: Genau, das liegt in der Natur der Sache.
Selbstverständlich sind einige Mitglieder dann auch unzufrieden.
Aber, die meisten haben schon sehr viel Verständnis, da wir uns im ersten Jahr befinden.
Und dementsprechend haben sie sich ja auch darauf eingestellt, dass vielleicht noch nicht alles so rund läuft.
Dadurch, dass ich den landwirtschaftlichen Betrieb führe und auch noch im Verein als Vorstand aktiv bin, habe ich auch noch mal extra viel zu tun.
Das heißt, wenn es Probleme in der Landwirtschaft gibt, dann fallen die auf mich zurück und ich bin dafür verantwortlich und auch im Verein habe ich die größte Verantwortung mit der internen Organisation.
Lars Aspermühle: Und das ist sicherlich auch nicht so optimal, denn du musst quasi doppelt Rede und Antwort stehen?
Andreas Münnig: Ja, genau. Das ist doppelt anstrengend und man kommt auch irgendwann an einen Punkt, wo es alles ein bisschen zu viel wird und man eine Pause braucht.
Und wenn man sich diese dann gönnt, wollen die Mitglieder wissen, warum es nicht weitergeht mit dem Projekt.
Lars Aspermühle: Kann man dann theoretisch die Vereinsmitgliedern um mehr Mithilfe bitten, wenn es dir zu viel wird?
Andreas Münnig: Da eine Mithilfe nicht verpflichtend ist, kann man nur eine Bitte äußern oder ein bisschen Druck aufbauen. Aber auch das ist mir dann wieder ein bisschen vorgehalten worden, weil einige Leute unzufrieden waren und meinten, dass am Anfang kommuniziert worden ist, das eine Mithilfe nicht von Nöten ist.
Deshalb habe ich immer nur darum gebeten. Beispielsweise gibt es jetzt Aktionstage, wo wir um Hilfe bitten und wenn jemand kommen möchte, kann er gerne kommen und mitmachen.
Aber es gab schon teilweise bei Mitgliedern die Meinung, dass es doch unbedingt notwendig wäre, mitzuhelfen und das wäre nicht Ihre Vorstellung von dem Projekt gewesen.
Lars Aspermühle: Wobei es sich ja um eine solidarische Landwirtschaft handelt.
Wenn derjenige, der hauptsächlich verantwortlich ist gerade im ersten Jahr überfordert ist, sollte man da vielleicht auch ein gewisses Verständnis aufbringen.
Andreas Münnig: Ja, entweder hilft man dann mit oder man akzeptiert die Situation, wie sie ist.
Lars Aspermühle: Genau, also die beiden Möglichkeiten hast du im Grunde genommen, oder?
Andreas Münnig: Sonst braucht man sich generell nicht an solch einem Projekt zu beteiligen.
Das sollte einem schon klar sein, dass da nicht immer alles so läuft, wie man sich das vorstellt.
Lars Aspermühle: Als Außenstehender, finde ich lief es für das erste Jahr schon richtig gut.
Wenn man sieht, was und wieviel hier wächst und wie die Verteilung läuft gut, dann finde ich das nach einem Jahr schon bemerkenswert. Da steckt ja viel Arbeit drin und auch viel erfolgreiche Arbeit, wenn man sich hier mal umschaut.
Lars Aspermühle: Hast du auch Gelegenheit dir Urlaub zu nehmen.
Andreas Münnig: Immer nur zwei, drei Wochen Urlaub machen, das ist für mich irgendwie kein Erholungsmodell, um so richtig abzuschalten. Man müsste einfach länger weg.
Damit man richtig kreativ werden und sein ganzes Leben durchdenken kann. Ich habe so viele Visionen und Ideen, wenn ich länger weg bin. Die habe ich in zwei, drei Wochen nicht. Da ist gerade mal der Zeitpunkt gekommen, wo ich gerade mal ein bisschen Erholung hatte.
Und mir geht es auch gar nicht nur darum, Urlaub zu machen, um am Strand zu liegen, sondern ich würde dann auch arbeiten. Aber dann zum Beispiel nach Südspanien reisen und in einem anderen Landwirtschaftsprojekt arbeiten, wo ich nur ausführe und ein bisschen mehr Erfahrungen sammeln kann, aber nicht wie hier die ganze Zeit denken und organisieren. Selber nicht verantwortlich sein.
Lars Aspermühle: Wie ist die Ernte ausgefallen im ersten Jahr?
Andreas Münnig: Die fing etwas schleppend an, da am Anfang die Rehe einiges weggefressen haben. Dadurch sind dann viele Kulturen etwas mickrig ausgefallen.
Zum Beispiel die Salatköpfe, davon haben sie am Anfang sehr viel weggefressen. Der Salat ist dann zwar wieder gekommen und hat sich erholt, aber war sehr klein und mickrig.
Das waren auch nochmal Problemchen, mit denen wir uns herumschlagen mussten.
Die Ernte hat sich dann aber dann doch ganz gut entwickelt. Wir haben daraus gelernt und dann kamen auch andere Kulturen dazu. Zum Schluss ab Mitte Juli, August hatten wir dann eigentlich schon auch eine sehr gute Ernte.
Dann haben wir von den Mitgliedern auch das Feedback erhalten, dass die Menge zufriedenstellend sei.
Lars Aspermühle: Du hast gerade die Rehe angesprochen. Macht ihr denn generell irgendwas zur Schädlingsbekämpfung? Wie haltet ihr die Rehe davon ab, hier weiter zu fressen?
Hasen sind ja vielleicht auch ein Problem. Welche Maßnahmen trefft ihr dagegen?
Andreas Münnig: Also bei den Rehen war natürlich die Überlegung, ob wir einen Wildschutzzaun aufstellen.
Das ist aber sehr aufwendig und kostenintensiv und man grenzt sich zu sehr von der Umgebung ab. Ich bin nicht unbedingt ein Fan von Zäunen. Deswegen haben wir dieses Jahr mit Kulturschutznetzen gearbeitet.
Lars Aspermühle: Quasi eine Abdeckung für die Pflanzen?
Andreas Münnig: Genau, wir haben einfach ein Netz drüber gespannt.
Dann kommen die Rehe nicht mehr in die Kulturen. Das hat schon geholfen.
Auch bei Kulturen, wo man eigentlich kein Kulturschutznetz benötigt, mussten wir aufgrund der Rehe dann doch ein Netz darüber spannen. Vorher hatten wir sehr viele Ausfälle.
Bei den Erbsen und bei den Bohnen haben die Tiere die Spitzen immer abgefressen sowie
das Grüne der Rote Beete, Salat und Mangold.
Lars Aspermühle: Bei so einer verhältnismäßig kleinen Fläche fällt das natürlich auch auf.
Andreas Münnig: Das sind natürlich auch besondere Pflanzen hier. Die Rehe können dann von einer Kultur zur nächsten laufen und eine schmeckt besser wie die andere.
Lars Aspermühle: Ein Reh ist also ein Feinschmecker?!
Andreas Münnig: Ja genau
Lars Aspermühle: Sind auch andere Schädlinge,vorgekommen, außer Rehen und Schnecken?
Andreas Münnig: Ein paar Hasen, wo die Handhabe ungefähr so ist, wie bei den Rehen.
Ansonsten nur ein paar Schnecken am Kohl. Aber es hielt sich insgesamt eigentlich noch in Grenzen.
Gegen die Schnecken hacken wir regelmäßig zwischen den Pflanzen, damit die Nester kaputt gehen.
Wir hatten natürlich hier auch ein paar Krankheiten an den Pflanzen.
Tomaten kriegen irgendwann Braunfäule.
Lars Aspermühle: Wobei es gerade bei so einem Projekt vielleicht auch anders ist als bei einem Supermarkt-Produkt?
Das darf ja dann kein bisschen Schorf oder ähnliches haben. Das ist ja wahrscheinlich für euch hier ganz nicht so relevant?
Andreas Münnig: Genau, hier kommen dann auch die Sachen mit in die Kisten, die auch ein paar Macken haben.
Manche Mitglieder sind da glaube ich nicht ganz so zufrieden und manchen Leute, denen ist das relativ egal. Insgesamt, wird das schon akzeptiert.
Es gab einige geplatzte Tomaten, wofür es Kritik gab. Die halten sich natürlich dann nicht mehr so lange und man muss sie direkt verwerten.
Lars Aspermühle: Größere Ernteausfälle hattet ihr aber nicht?
Andreas Münnig: Doch, wegen den Rehen auf jeden Fall. Da sind schon größere Mengen weggefallen.
Aber nicht wegen sonstigen Schädlingen oder Krankheit.
Ich hatte, wie gesagt, ein bisschen Sorge wegen dem Kohl und den Schnecken.
Aber es ging eigentlich auch noch. Der Rotkohl war etwas mehr betroffen
Aber da hoffe ich, dass der noch etwas wird.
Kohlkopf auf dem Solawi Feld
Lars Aspermühle: Welche Änderungen sind für nächstes Jahr geplant?
Andreas Münnig: Wir haben im Moment immer noch nicht alle unseren Market-Gardening-Flächen in der Nutzung. Da müssen noch einige Beete angelegt werden. In diesem Market-Gardening-Bereich sollen insgesamt 100 Beete angelegt werden.
Wir haben aktuell ungefähr die Hälfte angelegt.
Und das wollen wir jetzt alles noch fertig machen für das nächste Jahr.
Das ist für den Moment der Mindestanspruch. Dafür benötigen wir ungefähr 2.500 Quadratmeter. Das heißt, wir haben dann immer noch knapp 5.000 Quadratmeter übrig für andere Sachen. Das ist noch nicht vollständig durchgeplant.
Es kommt auch darauf an, wie viel Mithilfe wir bekommen und welche finanziellen Möglichkeiten wir haben. Wenn wir es ganz einfach gestalten, wird einfach eine Grunddüngung oder Blühwiese ausgesät.
Wenn wir mehr Möglichkeiten haben, könnte man eventuell auch noch mal Beete mit mehrjährigen Pflanzen anlegen. Vielleicht auch Beerenobststräucher anbauen.
Lars Aspermühle: Himbeeren z.B. eignen sich gut, oder?
Andreas Münnig: Ja, genau, das könnte man machen. Ein paar Beete mit Kräutern würde ich auch gerne anlegen.
Vielleicht auch Küchenkräuter oder Teekräuter.
Lars Aspermühle: Welche Mitgliederzahl strebt ihr an?
Andreas Münnig: Wir müssten uns eigentlich fürs nächste Jahr schon verdoppeln.
Die detaillierte Budgetplanung ist noch nicht ganz fertig, aber es sieht im Moment so danach aus, dass es schon mindestens 40 Ernteanteile sein sollten.
Lars Aspermühle: Damit es sich rentiert und sich die ganze Arbeit lohnt?
Andreas Münnig: Genau, dieses Jahr hatte es sich eigentlich wirtschaftlich noch nicht rentiert.
Wir konnten jetzt einen Minijobber bezahlen, aber dafür konnte ich mich selber nicht wirklich bezahlen oder nur ganz gering.
Das war für mich auch okay, weil das Projekt für mich auch mehr bedeutet, als einfach nur ein Einkommen zu haben und ich halt einfach Lust hatte, dass dieses Projekt verwirklicht wird.
Aber das kann keine Dauerlösung sein, deswegen wäre es schon schön, wenn ich auch davon leben könnte. Dafür müssten wir mindestens 40 Erntanteile haben, wahrscheinlich sogar eher 43 Erntanteile.
Wir könnten hier auf der Market-Gardening-Fläche bis zu knapp 75 Erntanteile versorgen, wenn wir wirklich alle 100 Beete bewirtschaften und dann noch zusätzliche Projekte, wie die Kräuterbeete.
So baut sich dieses Projekt ein bisschen auf.
Wenn mehr Mitglieder da sind, erhöht sich auch das Angebot an verschiedenen Kulturen noch ein einmal.
Staudensellerie
Lars Aspermühle: Müsst als Lebensmittelproduzent gesetzliche Regelungen einhalten bzw. welche Vorschriften gibt es in diesem Bereich?
Andreas Münnig: Es gibt natürlich schon gewisse Verordnungen, zum Beispiel die Düngemittelverordnung, an die man sich natürlich halten muss.
Lars Aspermühle: Oder gibt es auch eine gewisse rechtliche Verantwortung, wenn ihr eure Lebensmittel verkauft oder in Verkehr bringt?
Andreas Münnig: Als ich den Betrieb angemeldet hatte, musste ich natürlich an einem Kurs beim Gesundheitsamt teilnehmen, eine Hygieneschulung für Lebensmittel.
Es war aber nur ein Video, was ich mir angesehen musste. Man schaut ein Video und macht einen Test und dann gibt es die Bestätigung, dass man das gemacht hat.
Lars Aspermühle: Benötigt Ihr als Lebensmittelproduzent eine Versicherung oder andere rechtliche Absicherung?,
Andreas Münnig: Wir haben im Moment gar keine Versicherung, aber wir wollen auf jeden Fall fürs nächste Jahr oder zeitnah dann auch eine Director and Officer Versicherung machen, damit der Vorstand ein bisschen abgesichert ist.
Dass der nicht mit seinen Privatvermögen haftbar gemacht werden kann.
Lars Aspermühle: Ja, da würde ich vielleicht auch nochmal schauen, wenn ihr Lebensmittel herstellt, inwiefern ihr dann haftbar seid.
Andreas Münnig: Richtig, also konkret habe ich mir dazu noch keine Gedanken gemacht.
Aber ich hatte mir schon Gedanken dazu gemacht, dass wenn ich jetzt Lebensmittel in der Küche herstelle, dass das natürlich problematisch sein könnte, weil ich halt keine gewerbliche Küche hatte.
Aber es ist natürlich schon so, dass draußen in der Natur nicht unbedingt etwas mit den Pflanzen passiert. Nur wenn jemand die anfasst und dann in die Kisten packt und zur Abholstation bringt, da muss man halt auch die hygienischen Vorgaben einhalten.
Da kann es schon sein, dass es sinnvoll ist, eine Versicherung abzuschließen.
Lars Aspermühle: Gibt es Sachen, die sich für den Anbau nicht lohnen?
Wo der Ertrag zu gering oder zuviel Arbeit investiert werden muß, also der Arbeitsaufwand nicht im Verhältnis zum Anbau steht?
Dass vielleicht im Nachhinein zu viel ausgelesen werden muß.
Andreas Münnig: Klar, es können nur Kulturen und Pflanzen angebaut werden, die auch mit den klimatischen Verhältnissen hier klarkommen.
Wobei man mittlerweile auch andere Möglichkeiten hat.
Zum Beispiel wird einer meiner Bekannten demnächst eine Mandarine auspflanzen,
Ich glaube sogar eine Orangensorte.
Es gibt mittlerweile Sorten, die auch mit Temperaturen bis minus 10 oder minus 15 Grad zurechtkommen.
Das ist hier am Niederrhein nicht mehr so häufig, dass diese Temperaturen unterschritten werden.
Und wenn dann nicht mehr als für einen Tag. Meistens machen die Sorten das dann auch noch mit oder man schützt sie mit einer dicken Strohschicht und dann überleben sie auch.
Dann Könnte man hier auch schon Mandarinen oder Orangen anbauen. Oder zum Beispiel Avocados, da gibt es auch Sorten, die mit knapp minus 10 Grad auskommen können.
Granatapfel geht glaube ich hier auch, je nach Sorte.
Lars Aspermühle: Dadurch das ursprünglich mediterrane Pflanzen hier nicht soviel Sonne bekommen, hätte das natürlich Auswirkungen auf den Geschmack.
Andreas Münnig: Es ist fraglich, ob es sich unter diesem Aspekt lohnt, die Flächen dafür zu nutzen. Unter Umständen ist es besser den Anbau im mediterranen Raum zu belassen. Dann lieber Kooperationen mit Projekten aus dem mediterranen Raum starten.
Vielleicht eine Farm suchen, die die gleichen landwirtschaftlichen Ideale verfolgt, wie wir.
Eine Kooperation starten und dann einmal im Jahr eine große Lieferung von Oliven oder Olivenöl kommen lassen.
Orangen gibt es teilweise auch, alles Mögliche, alles was man hier eben nicht anbauen kann, könnte man über diese Schiene laufen lassen.
Auch Melonen wachsen mittlerweile im Solwai Gewächshaus
Lars Aspermühle: Ja so etwas ist natürlich gut, dass Bauern von dort dann auch in andere Regionen feste Anteile liefern und sicher sind, dass diese sicher abgenommen werden.
Andreas Münnig: Ja und alles was man hier anbauen kann, kann man hier auch mit ins Programm nehmen.
Eigentlich geht es immer mehr darum, was die Mitglieder wollen.
Und dann kann man hinterher schauen, wie hoch der Aufwand für die entsprechenden Kulturen ist.
Lars Aspermühle: Wie sehen denn die Zukunftspläne aus. Kannst du nochmal was nennen?
Andreas Münnig: Wir haben im Moment noch sehr viel mit den akuten Baustellen zu tun.
So, dass wir dort erstmal ein bisschen Alltag reinbekommen.
Bis wir erstmal an den Punkt kommen, dass wir die ganzen Prozesse optimieren können und alles rund läuft und dass wir mehr in Detail gehen können und mehr Entwicklung betreiben können.
Da ist dann natürlich auch die Frage, was der Anspruch der Mitglieder ist und wie viele Mitglieder dauerhaft dabei bleiben. Die Grenzen sind eigentlich sehr weit.
Man kann also in verschiedene Richtungen gehen.
Man kann einfach das Sortiment erhöhen mit neuen Produkten und nochmal in die Verarbeitung gehen.
Man macht Aktionstage, wo man dann vielleicht Aufstriche selber macht, einkocht oder Johannisbeeren erntet und Marmelade und Gelee macht.
Und dann hätte man halt auch für den Winter nochmal mehr.
Und man könnte dann auch noch weiter in die ganzjährige Saison gehen.
Man kann zum Beispiel, wie vorhin erwähnt, Kooperationen starten mit anderen Projekten und dadurch auch nochmal das Sortiment erweitern.
Meine persönliche Vision ist, dass man sich komplett unabhängig machen könnte von gekauften Lebensmitteln, also sich von großen Supermarktketten loslösen.
Alles ein bisschen dezentralisieren.
Es gibt diesen schönen Satz:
Die solidarische Landwirtschaft nimmt dem Lebensmittel den Preis und gibt ihm dafür wieder den Wert zurück.
Im Prinzip kann man sogar noch weiter gehen und man geht noch über den Lebensmittelbereich hinaus. Und kann noch weitere Produkte mit ins Boot holen, Kleidung zum Beispiel.
Also alles was angebaut werden kann, Textilien natürlich oder Holz.
Man kann ja auch aus Brennnessel Kleidung herstellen. Hanfanbau ist natürlich ökologisch eine ganz gute Sache.
Da ist natürlich, glaube ich, die Verarbeitung ein bisschen schwieriger.
Gerade bei Kleidung ist das, glaube ich, ziemlich umständlich.
Die Fasern müssen aufgebrochen werden.
Lars Aspermühle: Ich kenne das zum Beispiel aus dem Wollbereich, wenn man Fasern hat, die zu kratzig sind.
Da gibt es zum Beispiel in Schottland Versuche, auf chemischem Wege die Faser dann zu glätten. (Dies wird unter anderem im nachfolgenden Video thematisiert)
Andreas Münnig: Wenn man das dann alles so hoch verarbeiten muss, ist das auch nicht mehr so schön.
Der Kreativität sind jedenfalls keine Grenzen gesetzt.
Auch Netzwerkarbeit ist wichtig.
Also es gibt das Netzwerk Solidarische Landwirtschaft.
Das ist ein deutschlandweites Netzwerk, wo die solidarischen Landwirtschaften vernetzt sind, die es in Deutschland gibt.
Man kann sich da eintragen und austauschen.
Die bieten auch viele Kurse an und genau da wollen wir auf jeden Fall auch noch Mitglied werden, dass man auch ein bisschen von der Erfahrung der anderen profitiert.
Dass man sich zum einen anmeldet, aber auch generell noch mehr Netzwerkarbeit macht und sich mehr mit anderen Projekten vernetzt und austauscht über Erfahrungen, die andere schon gesammelt haben, aber auch über Fehlschläge, auf die man verzichten kann.
Also sowohl im Bereich Solidarische Landwirtschaft, aber auch im Bereich Market Gardening.
Lars Aspermühle: Vielleicht noch mal dazu, was ist der Unterschied zwischen Market Gardening und solidarischer Landwirtschaft?
Andreas Münnig: Solidarische Landwirtschaft ist im Prinzip das Wirtschaftsmodell, wie man das Lebensmittel an Verbraucher bringt.
Und Market Gardening ist die Art und Weise, wie man den Anbau betreibt.
Also das sind halt verschiedene Techniken und Methoden.
Zum Beispiel, dass wir hier keine Bodenbearbeitung machen und dass wir diese speziellen Dauerbeete haben.
Im Prinzip ist das alles sehr einheitlich, was wir machen.
Wir haben immer diese 75 Zentimeter breiten Beete und wir haben die Beete immer etwas erhöht.
Dazwischen sind es dann immer die Wege, die etwas niedriger liegen.
Wenn es viel regnet, würde das Wasser jetzt auf die Wege fließen und würde dann auch mehr in die Tiefe abfließen.
Dadurch wachsen die Wurzeln auch tendenziell eher in die Tiefe, nicht die Breite und man kann die Pflanzen etwas enger zusammen pflanzen. Dies ist dann auch effektiver.
Lars Aspermühle: Im Prinzip ist Market Gardening eine Art und Weise, sehr effizient und regenerativ gleichzeitig anzubauen.
Andreas Münnig: Genau, eine Art regenerative Landwirtschaft.
Wir wollen mit der Zeit auch den Humus aufbauen und insgesamt die Qualität des Bodens verbessern und möglichst viele Kreisläufe schaffen.
Unter folgenden Links findet Ihr den ersten Teil und den zweiten Teil des Interviews.