Interview mit Andreas Münnig vom Verein Solidarische Landwirtschaft Kleve e.V. Teil 2

Interview im Gewächshaus mit Lars und Andreas
Interview im Solawi Gewächshaus mit Andreas von der Solawi Kleve und Lars von der Aspermühle

Hier nun der 2. Teil des Interviews mit Andreas Münnig vom Verein "Solidarische Landwirtschaft Kleve e.V."

Lars Aspermühle: Der Hintergrund, einer Mitgliedschaft in einem solidarischen Landwirtschaftsverein ist sicher auch, dass man wissen möchte, wo die eigenen Lebensmittel herkommen, wie der Anbau abläuft und was man zu sich nimmt?

Andreas Münnig: Auf jeden Fall. Ich denke, diesen Hintergrund hat jedes Mitglied, das sich bei uns anmeldet, dass
es wissen will, wo das Gemüse oder Lebensmittel herkommt und wie es angebaut wird.
Aber niemand muss sich zwangsläufig in diese Gemeinschaft integrieren, beziehungsweise an den Mitgliedertreffen teilnehmen oder mithelfen. Man kann im Prinzip auch, äquvivalent zu einem Einkauf im Supermarkt, zum Acker oder zur Abholstation gehen, sich das Gemüse abholen und wieder gehen.
Wünschenswert wäre allerdings, um das Gemeinschaftsgefühl noch ein bisschen zu fördern, wenn Menschen dabei sind, die mitmachen und an den Aktionen teilnehmen.

Denn gerade am Anfang ist es für uns schon sinnvoll, dass eine gewisse Dynamik eingebracht wird, um dieses Projekt auch attraktiv und langfristig zu gestalten. Weil es nicht nur darum geht, für ein Jahr etwas auf die Beine zu stellen. Wir wollen langfristig denken, um auch in den kommenden Jahren gutes Gemüse ernten zu können.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Transparenz. Wir haben keine Geheimnisse und Leute können hier auf den Acker kommen, können schauen und können mithelfen.
Es wird immer alles offengelegt, sowohl die Finanzen als auch was wir anbauen und wie wir anbauen.

Lars Aspermühle: Haben die Mitglieder dazu ein Mitspracherecht?

Andreas Münnig: Jeder kann mit entscheiden.
Wenn jemand, ein bestimmtes Gemüse nicht mag, dann kann man das mitteilen.
Und wenn es mehreren Mitgliedern ähnlich geht, können wir in der nächsten Saison weniger davon anbauen oder es vollständig aus dem Sortiment nehmen.

Lars Aspermühle: Können Mitglieder die eine bestimmte Gemüsesorte nicht mögen, sie gegen eine andere tauschen.

Andreas Münnig: Ja das geht. Wir hatten heute eine Person, die wieder die doppelte Menge Sellerie mitnahm, weil ein andere Mitglied lieber einen weiteren Salatanteil wollte.
Und dann tauschen sich die Leute einfach aus.
Es ist im Moment noch so, dass sie sich absprechen müssen, aber das können wir auch noch ein bisschen besser organisieren.

Es gibt auch die Möglichkeit, eine Kiste hinzustellen, in welche man das Gemüse, das einem absolut nicht zusagt, hineinlegen kann.
Die anderen Leute wissen dann, dass man das Gemüse in dieser Kiste, einfach mitnehmen kann und legen dann vielleicht etwas anderes hinein.

Lars Aspermühle: So, dass es am Ende nicht übrig bleibt?

Andreas Münnig: Richtig. Wenn wir 20 Kilo Tomaten ernten, bekommt bei 20 Mitgliedern jeder ein Kilo.
Wenn jemand die Tomaten nicht mitnimmt, bleibt letztendlich ein Kilo Tomaten übrig.
Bei einem Kilo ist das noch nicht so tragisch, aber wenn das mehrere Mitglieder machen, dann bleiben drei, vier Kilo übrig und dann weiß ich auch nicht mehr, wohin damit.

gelbe Tomate im Solawi Gewächshaus
Gelbe Tomaten im Solawi Gewächshaus

Lars Aspermühle: Was passiert, wenn etwas übrig bleibt? Habt ihr eine Verwendung dafür?

Andreas Münnig: Nicht direkt, aber so viel bleibt meistens auch nicht übrig. Wir haben hier Nachbarn, an die ich das verteilen kann.
Wenn es nur kleine Mengen sind, frage ich schon mal die Leute in der Nachbarschaft, ob sie das Gemüse haben wollen.

Oder ich habe auch schon mal eine Kiste an die Straße gestellt und dann einfach drauf geschrieben „zu verschenken“ und dann konnten die Leute das mitnehmen.

Lars Aspermühle: Welche Pflanzen oder Gemüsesorten baut Ihr aktuell an?

Andreas Münnig: Wir haben eine sehr diverse Auswahl.
Es waren ursprünglich 27 Kulturen für dieses Jahr geplant, aber ein paar Kulturen haben wir im Nachhinein doch nicht angepflanzt. Zusätzlich bekommen noch Kartoffeln vom Hof Berkhöfel.

Lars Aspermühle: Ein paar Sachen sehe ich hier schon: Tomaten, Paprika, Sellerie und Auberginen.

Andreas Münnig: Genau, wir haben jetzt hier im Gewächshaus den Sellerie, die Paprika, die Tomaten und die Gurken und draußen den Rest. Das sind die Klassiker, wie Möhren, Bohnen und Zucchini.
Also alles, was man roh essen, aber auch kochen kann, Salat und Kohlgewächse.

Paprika im Solawi Gewächshaus

Lars Aspermühle: Wie ist die zukünftige Planung? Ihr möchtet sicher durchgehend im Jahr Gemüse ernten, so dass dauerhaft etwas für die Mitglieder zur Verfügung steht?

Andreas Münnig: Ja, also in diesem Jahr haben wir keine ganzjährige Erntesaison.
Wir wollen jetzt noch bis Ende Dezember oder vielleicht auch noch bis in den Januar hinein ernten.
Dann ist aber erst mal Schluss und wir machen eine Pause bis circa Mitte April.
Dann soll wieder geerntet werden.

Lars Aspermühle: Was könnte man so früh im Jahr ernten?

Ganz frühe Möhren und auch Salate und Spinat.

Lars Aspermühle: Und spät im Jahr wahrscheinlich viel Kohl, Rosenkohl zum Beispiel?

Genau man kann zum Beispiel mit einem frühen Satz Grünkohl beginnen.
Kohlrabi geht auch schon recht früh, wenn man ihn im Folientunnel anbaut.

Kohlrabi
Kohlrabi im Spätherbst

Lars Aspermühle: Nach welchen Kriterien wählt ihr aus, welche Kulturen und Sorten angebaut werden?

Andreas Münnig: In diesem Jahr habe ich einfach eine persönliche Auswahl anhand meiner eigenen Präferenz getroffen.
Für die Zukunft haben wir eine Umfrage unter den Mitgliedern gemacht, was sie gerne hätten oder eben nicht so gerne. Anhand dessen werde ich dann die Auswahl anpassen und dementsprechend planen.
Die Sorten werden aktuell auch noch anhand meiner persönlichen Wahl ausgesucht.

Ich achte darauf, dass wir auf jeden Fall samenfestes Saatgut nehmen, denn wir wollen keine Hybride verwenden.
Damit wir perspektivisch auch das eigene Saatgut verwenden können und weil ich auch einfach mehr hinter samenfestem Saatgut stehe.

Anmerkung Aspermühle zum Unterschied von hybridem zu sortenfesten Saatgut:

Hybrides Saatgut entsteht durch die Kreuzung von zwei Pflanzen. Hierzu werden 2 Pflanzenlinien über mehrere Generationen möglichst positive Eigenschaften, zum Beispiel ein höherer Ertrag, bessere Lagerfähigkeit oder höhere Resistenz gegen Krankheiten und Schädlinge angezüchtet.
Am Ende werden diese beiden Pflanzen miteinander gekreuzt und man erhält die positiven Eigenschaften beider Pflanzen, was in der ersten Generation natürlich Vorteile bietet.
Ab der zweiten Generation gehen diese Vorteile aber leider verloren, da das Saatgut der Nachfolgegenerationen leider nicht stabil ist, denn ab hier beginnen sich auch die negativen Eigenschaften der Pflanze wieder zu zeigen. Es kann zum Beispiel zu Wachstumsschwierigkeiten und deutlichen Ertragseinbußen kommen.
Außerdem sind die Nachfolgenerationen zumindest teilweise steril. Dies liegt an der Züchtung der Pflanzen. Da man 2 bestimme Sorten miteinander kreuzen will, will man bei einer Sorte, der sogenannten Muttersorte, natürlich verhindern, dass diese sich selbst befruchtet. Somit sorgt man bei dieser Sorte dafür, dass sie entweder keinen oder nur sterilen Pollen ausbildet. Dies kann zum Beispiel mit Hilfe von Gentechnik geschehen. Die sogenannte Vaterpflanze benötigt aber selbstverständlich fruchtbaren Pollen, um die Mutterpflanze befruchten zu können.

Der Vorteil von sortenfesten Saatgut wäre also, ein stabiles Erbgut, man erhält also in jeder Generation wieder die gleiche Pflanze. Zwar hat man vielleicht etwas geringeren Ertrag, aber oft auch einen besseren Geschmack. Außerdem kann man das Saatgut somit natürlich selber nachziehen, während man bei hybriden Saatgut auf den Hersteller angewiesen ist und dieses immer wieder nachkaufen muß.


Lars Aspermühle: Klar, dass sich einzelne Firmen nicht bereichern können?

Andreas Münnig: Genau. Wir werden nächstes Jahr wahrscheinlich auch bei ein paar Kulturen Saatgut sammeln. Zum Beispiel bei Zucchini oder bei verschiedenen Tomatensorten. Dieses Jahr haben wir noch nicht so viel eigenes Saatgut gesammelt.
Perspektivisch wollen wir aber auf jeden Fall das eigene Saatgut herstellen. Damit ein Kreislauf entsteht.

Lars Aspermühle: Bei einigen Sorten muss man aufpassen wegen Rück- oder Verkreuzungen? Zucchini oder Kürbisse zum Beispiel.
Da gab es ab und zu Fälle, wo Leute ihr eigenes Saatgut vermehrt und dann Vergiftungen erlitten haben.

Anmerkung Aspermühle:

An dieser Stelle weisen wir auf unsere Do-it-yourself Anleitung zum Kürbisschnitzen an Halloween hin.


geschnitzte Kürbisse
Geschnitze Kürbisse zu Halloween


Andreas Münnig:
Bei Kürbishybriden gibt es genau dieses Problem.
Wenn man im Laden einen Kürbis kauft, ist das in der Regel ein Hybrid, also zum Beispiel eine Kreuzung aus einem Speisekürbis mit einem Zierkürbis. Nutzt man dann dieses Saatgut zur Nachzucht und baut einen neuen Kürbis an, kann es sein, dass am Ende aus dem Saatkorn eine Sorte entsteht, die ebenso giftig wie ein Zierkürbis ist.

Lars Aspermühle: Das würde bei einem sortenfesten Saatgut kein Problem darstellen?

Andreas Münnig: Beim sortenfesten Saatgut besteht diese Gefahr nicht. Bei diesem Saatgut, hat man später wieder dieselbe Sorte.

Lars Aspermühle: Woher bekommt ihr euer Saatgut bzw. eure Setzlinge?

Setzlinge im Solawi Gewächshaus
Setzlinge im Gewächshaus

Andreas Münnig: Wir haben dieses Jahr ein paar Jungpflanzen dazu gekauft, weil wir Probleme mit der Jungpflanzenanzucht im Frühjahr hatten.
Und die haben wir einfach bei einem Bio-Lieferanten für Jungpflanzen geholt.
Da sind leider auch ein paar Hybride dabei gewesen.
Das war aber eine absolute Ausnahme. Das soll auch nicht nochmal vorkommen.
Aber das Saatgut, welches wir dann für unsere Pflanzen verwenden, kommt von verschiedenen Lieferanten, die dieses sortenfeste Saatgut produzieren.

Lars Aspermühle: Nach welchen Grundsätzen baut ihr an? Du hast ja vorhin schon gesagt, dass Ihr keine Maschinen nutzt, sondern das alles Handarbeit ist? Gibt es Maschinen, die ihr nutzen würdet?

Andreas Münnig: Wir bauen hier an nach den Prinzipien des Market Gardening.
Das ist eine Methode, die wenig bis keine Bodenbearbeitung zulässt.
Und wir verwenden auch keine künstlichen Spritzmittel und keine künstlichen Düngemittel.

Lars Aspermühle: Wie ist die Bodenqualität und welche Maßnahmen trefft Ihr zur Verbesserung?

Andreas Münnig: Wir verwenden viel Kompost als Grunddüngung.

Lars Aspermühle: Selbst gezogenen Kompost?

Andreas Münnig: Den haben wir aktuell noch dazu gekauft.
Wir produzieren auch unseren eigenen Kompost, aber der reicht aktuell noch nicht.
Es wäre aber perspektivisch möglich, selber ausreichend Kompost herzustellen.

Lars Aspermühle: Die Düngung ist wahrscheinlich auch schwieriger, wenn man keine Tierhaltung hat?

Andreas Münnig: Ja, es ist schon schwieriger auf die benötigte Nährstoffmenge zu kommen, wenn man wirklich rein pflanzlichen Kompost herstellt.

Lars Aspermühle: Ja, weil man genügend Biomasse benötigt. Sonst hat man irgendwann nur noch einen Kreislauf. Und wenn man das Gemüse wegnimmst und isst, fehlt etwas von der Biomasse.

Andreas Münnig: Genau das ist der Punkt.
Also man muss externen Dünger dazu holen, weil man immer Biomasse verliert. Sonst geht die ganze Rechnung nicht auf.

ILars Aspermühle: Ihr kauft quasi aktuell extern noch Kompost zu?

Andreas Münnig: Genau, also wir bekommen Kompost von den Kompostwerken hier aus der Umgebung.

Lars Aspermühle: Von Schönmackers?

Andreas Münnig: Genau, damit sind wir eigentlich auch ganz zufrieden und es wird von regionalen Abfällen produziert.

Es gibt dort unterschiedliche Kompostsorten. In unserem sind zum Beispiel keine tierischen Inhaltsstoffen enthalten. Im Prinzip betreiben wir momentan vegane Landwirtschaft.
Ob wir das perspektivisch in der Zukunft weiterhin so machen, weiß ich nicht.
Ich bin eigentlich schon der Meinung, dass man auch ein bisschen tierischen Input, also zum Beispiel Dung einbringen müsste.

Lars Aspermühle: Also strebt ihr langfristig eventuell auch Tierhaltung an, Hühner oder Bienen zum Beispiel?

Andreas Münnig: Das ist momentan noch nicht geplant.
Was Tierhaltung angeht, würde ich mich vielleicht noch mit Hühnern zufriedengeben, die einfach frei herumlaufen können.
Als ich damals den Acker in Uedem gepachtet hatte, hatte der Verpächter auch Hühner, die frei laufen konnten und er konnte sie dann auch immer anlocken und sie sind auch gekommen. Das war super.
Sie konnten quasi ihren eigenen Willen haben und hätten auch weglaufen können.
Aber sobald man einen Zaun setzt, dann versucht der Mensch eine Macht aufzubauen, die ich nicht wirklich unterstützen möchte.

Weil wir Menschen unbedingt das Fleisch oder die Milch haben wollen, setzen wir einen Zaun und wollen die Kontrolle über das Tier haben.
Aber ob das Tier wirklich da sein möchte oder vielleicht ganz woanders, wissen wir nicht. Es ist einfach da, weil es nicht woanders hin kann.
Und da denke ich, dass ist eigentlich nicht der richtige Weg.

Oder nimm beispielsweise Fleisch. Wenn man geschossenes Wild isst, finde ich es in Ordnung. Aber wenn man Fleisch vom Metzger oder aus der Tierzucht, der normalen Tierhaltung nimmt, ist das für mich nicht der richtige Weg.

Lars Aspermühle: Also dir geht es reineweg um die Tierhaltung?
Es wäre für dich in Ordnung ein Tier aus dem Wald, das frei gelaufen ist, zu essen? Auch für dich selber?

Andreas Münnig: Ich bin Vegetarier, aber das kann ich verstehen, weil Lebewesen andere Lebewesen essen
Und das ist okay. So ist das halt im Tierreich.
Solange jedes Tier irgendwie weglaufen kann und noch irgendwie eine Taktik entwickeln kann, dem zu entgehen, dann sollte man dem Tier die Möglichkeit auch lassen.
Uns als besondere Spezies hervorzuheben und sagen, wir machen das jetzt einfach so, wie wir es haben wollen, finde ich komisch.

Lars Aspermühle: Aber wären zum eine Beispiel Laufenten eine Option, die dann hier die Schnecken wegfressen?

Laufenten
Laufenten im Gras

Andreas Münnig: Das hatte ich damals in Uedem tatsächlich.
Die haben auch Schnecken gegessen und das hat auf jeden Fall geholfen, aber bei so einem großen Acker, funktioniert das nicht. Der war damals auch schon recht groß und die Enten haben auch ein paar Schnecken gefressen, aber ich glaube, insgesamt hat das nicht so viel ausgemacht.
Da müsste man schon sehr viele Laufenten halten, damit das wirklich merklich wird.

Lars Aspermühle: Ich kenne es teilweise aus asiatischen Ländern, wo wirklich ein paar hundert Tiere über die Felder laufen.

Im nachfolgenden Video kann man sehen, wie Laufenten gegen eine Schneckenplage eingesetzt werden.


Andreas Münnig: Es kann sein, dass das funktioniert. Damals in Uedem waren es nur zwei Enten.

Lars Aspermühle: Macht ihr etwas, um die Bestäuberleistung zu erhöhen? Wäre es in diesem Sinne eine Option zum Bestäuben der Pflanzen Bienenstöcke hierher zu stellen?

Andreas Münnig: Ja, also Bienen finde ich super, darüber hatte ich auch schon mal nachgedacht.
Aber dann müsste es auf jeden Fall wesensgerechte Bienenhaltung sein.
Das ist natürlich ein Thema für sich. Wenn jemand irgendwie eine Fläche braucht, wo er das machen möchte, kann er das gerne bei uns machen.
Aber für mich würde das jetzt einfach den Rahmen sprengen, mich damit jetzt noch auseinanderzusetzen.

Anmerkung Aspermühle:
An dieser Stelle weisen wir auf das Interview mit dem Imker Marco Janßen hin, der wesensgerechte Bienenhaltung betreibt.

Imker Marco Janßen mit Honigglas

Andreas Münnig: Im Gewächshaus macht es manchmal Sinn, Hummelkisten aufzustellen, weil die Bestäubung ein bisschen geringer ist.
Aber wenn wir hier direkt am Gewächshaus noch einen Blühstreifen anlegen, dass die Bienen schon mal ein bisschen in die Nähe kommen und dann durch den Folientunnel ziehen, wird das schon ausreichen.

Lars Aspermühle: Man könnte auch Nistmöglichkeiten für Insekten anlegt.
Ich habe es bei mir am Garten zum Beispiel Tonröhren angelegt, wo ich Schilf für Mauerbienen eingebracht habe. Die aber recht spezialisiert sind Hummelkästen wären auch eine Möglichkeit.

Anmerkung Aspermühle: An dieser Stelle verweisen wir auf unseren Ratgeber-Artikel "Wildbienen in der Agrarlandschaft" von Anna-Lea Ortmann.

Mauerbiene vor Nistplatz

Andreas Münnig: Genau, da wollen wir auch noch mehr ins Detail gehen.
Dieses Jahr war sehr der Fokus sehr stark auf dem Aufbau der Infrastruktur, dem Anlegen der Beete und dem ersten Pflanzenanbau.
Ich denke, im nächsten Jahr wird das auf jeden Fall auf uns zukommen, dass wir Blühwiesen anlegen werden und dass wir viel für die Insektenvielfalt und die Artenvielfalt tun.
Dass das einfach ein sehr lebhafter Ort wird und dass sich hier alle Wesen irgendwie wohlfühlen können.

Lars Aspermühle: Spielt Artenschutz, Landschaftsschutz eine Rolle? Stichwort Agroforst?

Andreas Münnig: Ja, also Agroforst würde ich hier auch gerne machen.
Da müssen wir aber schauen, ob das mit der Stadt vereinbar ist.
Hier soll am Rand noch ein Grünstreifen angelegt werden und da könnten auch Bäume gepflanzt werden.

Anmerkung Aspermühle:

Agroforstwirtschaft bezeichnet ein System der landwirtschaftlichen Flächennutzung, bei dem mehrjährige Pflanzen wie Sträucher und Bäume mit einjährigen Kulturen kombiniert werden. Auch Elemente der Tierhaltung werden hier teilweise integriert. Dies bietet einige Vorteile. Unter anderem eine geringere Bodenerosion, einen höheren Verdunstungsschutz und eine höhere Wasserspeicherfähigkeit. Außerdem die Eindämmung von Schädlingen und Krankheiten und stattdessen die Förderung von Nützlingen. Weitere Informationen dazu finden Sie ebenfalls in unserem Ratgeber-Artikel "Wildbienen in der Agrarlandschaft" von Anna-Lea Ortmann.

Andreas Münnig: Also es gibt unterschiedliche Agroforstsysteme.

Teilweise werden einfach am Rand von Ackerflächen ein paar Bäume gepflanzt.
Die haben dann verschiedene Funktionen. Es finden zum einen Symbiosen statt.
Zum anderen stellen die Bäume einen Windschutz dar und tragen zur Bodenstabilisierung bei.
Aber da gibt es verschiedene Stufen, die teilweise auch schon in Richtung Permakultur gehen.
Also bei der Anlegung eines Waldgartens oder eines dynamischen Agroforsts, wird eine sehr hohe Diversität auf kleinem Raum geboten.
Einjährige Kulturen, mehrjährige Kulturen und auch Bäume, die vielleicht über 100 Jahre alt werden können. Dass alles integriert man in dieses System.

Lars Aspermühle: Das ist ja auch für den Artenschutz wichtig, dass Insekten zwischen verschiedenen Flächen interagieren können.

Andreas Münnig: Ja, genau, das sind Projekte, wo man sich die Natur zum Vorbild nimmt und das möglichst naturfreundlich anbaut.
Und diese Systeme sind tatsächlich, wenn diese Flächen dann so hergerichtet sind, irgendwann nicht mehr so arbeitsintensiv und sehr ertragreich.
Ich meine, ich hätte gehört, dass diese Flächen 40 Prozent mehr Ertrag hätten als normale Ackerflächen.

Lars Aspermühle: Ja, das kann ich mir schon vorstellen. Wenn man Pflanzen hast, die sich gegenseitig begünstigen.
Und dann hast du natürlich auch eine höhere Bestäuberleistung, wenn du ein Klima schaffst, in dem sich viele Insekten wohlfühlen.

Andreas Münnig: Richtig, das spielt alles eine Rolle. Und diese Systeme sind natürlich viel resilienter, weniger schädlingsanfällig und durch die Vielfalt deutlich bestandsfähiger.
Wenn da mal eine Pflanze krank wird, wird sich das nicht direkt übers ganze Gelände ausbreiten, sondern durch eine andere Pflanze gestoppt, die kein Problem damit hat und die Krankheit wird dadurch nicht weiterverbreitet.
Genau, so ist das ja auch in der Natur.

Lars Aspermühle: Auch Trockenheit ist dann wahrscheinlich ein geringeres Problem. Je nachdem, was man pflanzt.
Sanddornpflanzen zum Beispiel sind ja sehr bekannt dafür, dass sie Wasser halten.

Anmerkung Aspermühle: Weitere Infos zu diesem Thema erhalten Sie in unserem Ratgeber "Einheimische Superfoods & essbare Wildpflanzen"

Andreas Münnig: Ja, genau, das machen wir sowieso auch schon jetzt durch das Prinzip des Market Gardenings.
Dadurch, dass wir keine Bodenbearbeitung machen und auch die ganze Wurzelmasse im Boden belassen, entsteht ein Schwammeffekt.
Wir werden wahrscheinlich in der Zukunft auch mit Pflanzenkohle arbeiten, die auch sehr gut Wasser speichert.
Und dadurch, dass man diese ganze Bodenstruktur nicht zerstört, erhöht sich über die Jahre hinweg die Wasserspeicherkeitfähigkeit des Bodens.
Das ist natürlich gerade in den heutige Zeiten ganz gut, wo auch mal trockene Jahre und Wetterextreme vorkommenkommen.

Lars Aspermühle: So wie in den letzten Jahren. Dieses Jahr war es wieder sehr nass, aber die Jahre davor war es teilweise extrem trocken.

Andreas Münnig: Das ist auf jeden Fall vorteilhaft, für solche Wetterextreme.
Einerseits die Waldgärten, aber auch unser jetziges System geht schon sehr stark in diese Richtung.

Lars Aspermühle: Die Permakultur hattest du gerade schon erwähnt. Wie bewässert ihr? Bewässert ihr zusätzlich? Und wie viel müsst ihr bewässern?

Andreas Münnig: Die Folientunnel müssen natürlich regelmäßig bewässert werden. Im Moment machen wir das noch händisch bzw. wir haben schon einen Schlauch und bewässern damit. Es gibt kein automatisches Bewässerungssystem, zum Beispiel eine Tröpfchenbewässerung, die dann automatisch an- und ausgeschaltet wird.

Salat im Folientunnel

Lars Aspermühle: Das wäre wahrscheinlich sinnvoll? Weil man dann auch weniger Wasser verbraucht, weil man zielgenau bewässern kann.

Andreas Münnig: Ja, genau, das wäre auch schon sinnvoll. Das ist auch eine Sache, die mit im Budgetplan für das nächste Jahr enthalten ist, so dass wir dann für das nächste Jahr ein ordentliches Bewässerungssystem holen können, weil das auch sehr zeitintensiv ist.

Gerade in diesem ersten Jahr war es sowieso so intensiv, obwohl wir schon ein sehr feuchtes Jahr hatten. Aber nur für die Bewässerung der Folientunnel benötigt man ungefähr eine Stunde.

Lars Aspermühle: Noch mal zurück zum Agroforst. Habt ihr denn hier mit der Stadt Kleve auch eine gewisse Planungssicherheit?
Habt ihr einen längerfristigen Vertrag oder wird der jedes Jahr verlängert?

Andreas Münnig: Ja, wir hatten in diesem Jahr nur einen einjährigen Vertrag, aber wir haben jetzt schon die Zusage, dass wir hier für die nächsten drei Jahre bleiben können.

Lars Aspermühle: Das ist ja schon mal ein Anfang.

Andreas Münnig: Genau, das ist schon mal ein Anfang. Das ist für städtische Pachtverträge schon eine recht lange Zeit. Normalerweise machen sie nur einjährige Verträge mit Landwirten.
Wir haben natürlich eine kleine Sonderstellung, durch die besondere Art der Landwirtschaft die wir betreiben. Dadurch, dass wir alles per Handarbeit machen, wäre es für uns ein riesiger Aufwand, im nächsten Jahr woanders hinzugehen.
Wenn jetzt ein anderer Landwirt mit einem Traktor einfach mal woanders hingehen müsste,
pflügt er den Acker mit seinem Traktor durch und hat dann den Grundzustand wieder erreicht. Das ist nicht so ein riesiger Aufwand.

Aber für uns ist das wochenlange Arbeit oder monatelange Arbeit, um wieder diesen Grundzustand herzustellen.

Lars Aspermühle: Wie sind die dann bei der Stadt so drauf? Kann man sich mit denen vernünftig unterhalten?

Andreas Münnig: Dieses Jahr waren sie zunächst ein bisschen vorsichtig und wollten erstmal schauen, wie seriös wir das machen. Aber jetzt hat sich das ja ganz gut entwickelt.

Lars Aspermühle: Schön. Kommt dann auch mal jemand vorbei von der Stadt Kleve, guckt sich das an und interessiert sich dafür?

Andreas Münnig: Einmal war hier jemand von der Stadt und hat sich hier umgeschaut und es war alles soweit in Ordnung.