Interview mit Andreas Münnig vom Verein Solidarische Landwirtschaft Kleve e.V. Teil 1
Andreas Münnig vom Verein "Solidarische Landwirtschaft Kleve e.V."
Das Interview fand statt am 01.11.2024 im Gewächshaus des Vereins
Anfang 2024 hat sich der Verein "Solidarische Landwirtschaft Kleve e.V." kurz Solawi-Kleve, mit dem Ziel der Erzeugung nachhaltiger, ökologischer und gesunder Lebensmittel, gegründet.
Die solidarische Landwirtschaft bezeichnet eine Wirtschaftsweise, bei der erzeugte Lebensmittel direkt Verbraucher vertrieben werden, die sich zu einer Gemeinschaft zusammengeschlossen haben und gemeinschaftlich mit Ihren Mitgliedsbeiträgen einen landwirtschaftlichen Betrieb finanzieren und im Gegenzug dafür die Ernteerträge erhalten.
Nachfolgend finden Sie das Interview mit dem Gemüsebauer Andreas Münnig einem der Gründer der Solawi Kleve. Die Fragen stellte Lars Mühling von der Aspermühle.
Lars Aspermühle: Wer bist du? Erzähl kurz was von dir?
Andreas Münnig: Ich komme ursprünglich aus Bochum, wo ich auch aufgewachsen bin und eigentlich ursprünglich auch nicht aus dem landwirtschaftlichen Bereich. Dort habe ich ein technisches Studium im Bereich der Mechatronik absolviert. Als ich fertig war, wollte ich mich nicht in der Industrie bewerben. Ich hatte im Studium im Bereich Automatisierung zu tun, was ich cool fand, aber dadurch vernichtet man Arbeitsplätze und das war nicht in meinem Sinne oder das Ziel, worauf ich hinarbeiten wollte.
Dann bin ich erstmal nach Australien gereist und habe dort Work and Travel gemacht und habe einige Kommunen und Öko-Dörfer besucht und habe dort auch viel mitgeholfen. Unter anderem auch in der solidarischen Landwirtschaften. Dort habe meine ersten Erfahrungen im gärtnerischen Bereich gesammelt.
Ich hatte vorher auch während des Studiums meinen eigenen Schrebergarten, wo ich einige Jahre experimentierten konnte und versuchte, mich selbst zu versorgen. Das Thema hatte mich also immer schon gereizt und interessiert. Deshalb hat das gut gepasst. Ich hatte auch einfach den Gedanken, dass ich gerne mal in einer Gemeinschaft leben würde.
Vielleicht auf einen Hof, mit viel Land drum herum und Landwirtschaft. So kam mir der Gedanken auf Farmen mit helfen, um zu schauen wie das ist. Das waren eigentlich die besten Zeiten und das hat mir sehr viel Spaß gemacht. So hat sich das stetig weiter entwickelt und als ich nach meinen Reisen in Deutschland gefestigt war, habe ich mich dann nach Projekten umgeschaut, um noch tiefer in das Thema einzusteigen, zum Beispiel durch Workshops und Kurse.
Später habe ich gesehen, dass an der Hochschule in Kleve ein Studiengang für nachhaltige Landwirtschaft angeboten wird und ich habe mich entschlossen, noch einmal ein Studium zu beginnen. Zuerst bin ich von Bochum nach Kleve gependelt und später dann hierher nach Kleve gezogen.
Lars Aspermühle: Das war sicher ein Kulturschock?
Andreas Münnig: Erst war der Kulturschock nach dem Reisen nach Bochum in die Stadt zurück zu ziehen, da ich vorher in der Natur war. Der Umzug zurück in eine ländliche Region war dann schon leichter.
Lars Aspermühle: Hast du schon andere Projekte dieser Art betrieben?
Andreas Münnig: Ja, als ich schon hier in Kleve gewohnt habe, hatte über eine Kommilitonin erfahren, dass in Uedem ein Junggärtner auf einem Bauernhof gesucht wird. Die waren interessiert, mit mir zu arbeiten und dann habe ich dort 2 Jahre Landwirtschaft betrieben.
Da hatte ich auch die ersten Berührungen mit Market Gardening, also eine Technik beziehungsweise eine andere Herangehensweise, die Landwirtschaft zu betreiben.
Anmerkung Aspermühle:
Market Gardening beschreibt den ressourcenschonenden Anbau von Lebensmitteln, hauptsächlich Gemüse, auf möglichst kleiner Fläche. Ziel ist hierbei eine möglichst bodenschonende Bearbeitung, ein natürlicher Aufbau des Bodens und der Verzicht auf künstliche Dünger oder Pestizide. Dies geht zwangsläufig einher mit dem Verzicht auf große Maschinen, um die Bodenverdichtung zu verhindern, natürlicher Grün- und Kompostdüngung und natürlicher Unkraut- und Schädlingsbekämpfung. Hier kommen zum Beispiel Nützlinge wie Marienkäfer- oder Florfliegen und Laufenten zum Einsatz und das Auslesen von Unkräutern und Schnecken per Hand. Auch der Igel ist durchaus hilfreich.
Außerdem wird versucht, den Anbau möglichst auf die ganze Saison zu erstrecken und direkt an den Verbraucher zu vertreiben.
Solidarische Landwirtschaft und Market Gardening gehen also Hand in Hand.
Andreas Münnig: Das waren meine ersten Berührungen damit und ich hatte auch einen recht guten Ertrag. Im zweiten Jahr habe versucht mein Gemüse auf dem Markt in Xanten zu verkaufen. Da hatte ich volle Gemüsekisten, aber leider fehlte die Kundschaft und somit der Abkauf. Es gab ein paar Leute, die begeistert waren, aber insgesamt leider zu wenige.
Lars Aspermühle: War das Gemüse in Bio Qualität?
Andreas Münnig: Ich habe keine Chemie genutzt, es war also theoretisch Bio-Ware, aber es wurde nicht als solches deklariert.
Lars Aspermühle: War generell zu wenig Kundschaft da oder weil die Kunden eher im Supermarkt kaufen wollten?
Andreas Münnig: Kann sein, dass ich noch geduldiger hätte sein müssen, sich der Kundenstamm etabliert hätte, aber es waren auch insgesamt zu wenig Kunden.
Ich hätte auch mehr Werbung machen können. Das war zu dem Zeitpunkt noch zu wenig. Und ich hätte den Marktstand insgesamt auch noch attraktiver gestalten können. Wir haben damals nur die Tische mit den Gemüsekisten darauf aufgestellt . Also alles relativ simpel gehalten. Da hätte man bestimmt auch noch etwas mehr machen können, zum Beispiel Tafeln aufstellen, die den Betrieb erklären. Das hätte ein bisschen ansprechender ausgesehen.
Lars Aspermühle: So dass die Leute wissen, was dahinter steckt.
Andreas Münnig: Genau, dass war damals nicht so gut von gemacht von. Es waren auch zwei sehr anstrengende Jahre. Im Nachhinein hätte man das anders und besser machen können. Aber es hat mich auch zum Nachdenken angeregt, was genau man besser machen könnte. Nachdem ich zwei Jahren in Uedem war habe ich erstmal 2 Jahre Pause von der Landwirtschaft gegönnt und konnte mir währenddessen Gedanken machen.
Ich bin in diesem Zeitraum in einen Job im technischen Bereich eingestiegen und habe dabei gemerkt, dass ist nicht das, was ich machen möchte. Wobei ich das auch sehr interessant finde, weil es eine Leidenschaft von mir ist, aber eben nicht in dem Umfeld, wo ich gearbeitet habe.
Lars Aspermühle: Was ist der Gründungs-Hintergrund der Solawi-Kleve?/ Wie bist Du bzw. seid Ihr auf die Idee gekommen hier eine solidarische Landwirtschaft zu etablieren?
Andreas Münnig: Ich habe meine Gedanken sacken lassen, die ich mir mit der Landwirtschaft gemacht hatte und hatte dann mit einer Freundin aus Kleve gesprochen, die auch schon einmal in einer anderen Solawi gearbeitet und mitgewirkt hat. Sie meinte, sie kennt einen Landwirt, der auch gerne mit einer solidarischen Landwirtschaft zusammen arbeiten wollte, diese aber nicht so gerne selber gründen wöllte, sondern eher das Interesse hatte, in eine Kooperation zu gehen.
Lars Aspermühle: Und das war dann schon der Gedanke der solidarischen Landwirtschaft?
Andreas Münnig: Ja, diesen Gedanken hatte ich schon und die Freundin hat mich dann an den Hendrik van Aken vom Hof Berkhöfel weitervermittelt. Den ich angerufen haben und der von von der Idee direkt angetan war.
Daraufhin habe ich diverse Leute eingeladen und die Nachricht verbreitet, dass wir eine Solawi gründen wollen und noch Mitglieder suchen. Wir haben dann eine Veranstaltung abgehalten, wo circa 10 Leute da waren. Ich hatte das vorher über den Freundeskreis, Whats-App-Gruppen und Social Media bekannt gemacht.
Lars Aspermühle: Auch unter den Studenten in Kleve?
Andreas Münnig: Ja, ich habe das auch in Studentengruppen geteilt. Es kamen also einige Leute zusammen. Das war eine coole Truppe und dann begannen wir letztes Jahr im Herbst mit der Planung und haben uns regelmäßig einmal die Woche getroffen und anschließend im Januar 2024 den Verein „Solidarische Landwirtschaft Kleve e.V.“ gegründet.
Im nachfolgenden Video wird das Prinzip einer Solawi noch einmal am Beispiel der Solidarischen Landwirtschaft Bamberg erläutert.
Lars Aspermühle: Wo baut ihr Euer Gemüse an?
Andreas Münnig: Am Anfang hatten wir noch eine andere Fläche als die jetzige in Aussicht, die recht klein war, aber es war schwierig Alternativen zu finden. Dann habe ich bei der Stadt Kleve angefragt und die meinten, sie hätten da vielleicht etwas anderes, konnten aber zu dem Zeitpunkt noch nichts Genaueres sagen und wir haben erstmal lange gewartet. Dann habe ich schon mal auf der anderen Fläche angefangen und währenddessen kam doch noch die Nachricht von der Stadt Kleve, dass sie eine Fläche für uns haben. Die haben wir uns dann angeschaut und die passte sehr gut, weil es weinige Punkte gab, die zu bemängeln waren.
Lars Aspermühle: Das ist jetzt die Fläche wo wir jetzt sind?
Andreas Münnig: Ja genau, das ist die Fläche, wo wir jetzt sind. Es gibt bestimmt noch optimalere Flächen, aber insgesamt ist es schon sehr gut hier. Die Lage ist sehr zentral, was gut für mich ist, weil ich in der Nähe wohne. Man kann immer mal eine Abholstation für die Mitglieder einrichten, die weiter weg wohnen, aber wenn der Landwirt erst eine Stunde anreisen muss, um auf das Feld zu kommen, hat er die ganze Situation nicht so gut im Blick. So fahre ich schnell mal zum Acker und schaue, ob alles in Ordnung ist. Spaß.
So hatten wir also den Vertrag mit der Stadt Kleve unterschrieben. Das war schon recht spät im Jahr, im April und wir wollten natürlich direkt anfangen, aber aufgrund der Feuchtigkeit, war das leider auch nicht möglich. Es hatte soviel geregnet, dass wir anfänglich nicht mal einen Tag das Feld vorbereiten und darauf arbeiten konnten.
Es war zwar frisch gepflügt aber wir mussten mindestens mit einer Kreiselegge darüber fahren, um es zu glätten, damit wir Beete anlegen können.
Lars Aspermühle: Wir bereitet ihr die Felder vor vor? Mit landwirtschaftlichen Maschinen oder macht Ihr das per Hand?
Andreas Münnig: Ja, wir machen alles per Hand. Es gab einmal eine Vorbereitung mit der Kreiselegge, durch Hendrik vom Hof Berkhöfel. Er hat einmal alles glatt gezogen und für uns vorbereitet, aber jetzt machen wir alles ohne Maschine und mit Handarbeit.
Lars Aspermühle: Dann hat man wahrscheinlich das Problem mit der Bodenverdichtung nicht?
Andreas Münnig: Genau, die Bodenverdichtung ist ein Punkt, den wir vermeiden wollten. Außerdem streben wir die Unabhängigkeit von fossilen Kraftstoffen an.
Lars Aspermühle: Beim Pflügen ist sicher auch ein Thema, dass der Feldhamster ausstirbt?
Feldhamster
Andreas Münnig: Ja, wenn man alle Tätigkeiten mit dem Traktor ausübt, ist es sehr effizient und für große Flächen unabdingbar, aber wenn man ein bisschen näher an den Pflanzen sein will, dann hat man das nicht mit dem Traktor machen. Da sieht man das Feld nur aus mehreren Metern Entfernung.
Lars Aspermühle: Es ist auch wichtig wie viel Zeit man investieren kann und möchte. Eventuell ist das bei Bio Produkten auch noch etwas anders als bei konventionellen Produkten?
Andreas Münnig: Es geht dabei nicht um Bio oder konventionellen Anbau, aber es ist auf jeden Fall eine andere Herangehensweise an die Landwirtschaft. Aber bei einigen Produkten, wie z.B. bei Getreide ist reine Handarbeit natürlich schwierig. Man könnte theoretisch natürlich auch mit der Sense arbeiten. Aber im Getreidebau kenne ich mich nicht so gut aus. Bei maschineller Bearbeitung ist man eben auch abhängig davon, welche Pflanzensorten mit der Maschine bearbeitet werden können und das ist auch oft ein Nachteil für gesunde Pflanzen. Die Auswahl ist sehr limitiert.
Lars Aspermühle: Außerdem sollte ein Feld nicht nur Monokulturen enthalten, sondern eine gesunde Pflanzenmischung, die dann aber nicht für eine maschinelle Ernte geeignet ist.
Andreas Münnig: Das ist ein wichtiger Punkt. Zum Beispiel beim Knoblauch. Es gibt Sorten mit festem und Sorten mit weichem Stamm. Bei maschineller Bearbeitung eignen sich nur die Sorten mit weichem Stamm, die auch nach oben wachsen können, wenn die Maschine die Knoblauchzehen falsch herum einsetzt. Aber wir können z.B. auch andere Sorten nehmen, die den festen Stamm haben, weil wir sie mit der Hand setzen und somit genau darauf achten können, wie sie eingesetzt werden. Eine Maschine kann das nicht und weiß nicht, wo oben und unten ist. Es gibt auch gute Knoblauchsorten, die einen weichen Stamm haben, sogenannte „soft neck“ Sorten, aber die „hard neck“ Sorten sind tendenziell die Aromatischeren und Gesünderen.
Knoblauchpflanzen auf dem Solawi-Feld
Lars Aspermühle: Du hast gerade gesagt „wir“. Wer ist wir und wieviele Mitglieder habt Ihr aktuell?
Andreas Münnig: Wir ist der Verein „Solidarische Landwirtschaft Kleve“ und haben knapp 20 Ernteanteile.
Lars Aspermühle: 20 Ernteanteile heißt 20 Mitglieder?
Andreas Münnig: Ja genau. Es sind gerade 21 Mitglieder, weil wir auch halbe Anteile verteilen. Deswegen kommen unterschiedliche Zahlen von Ernteanteilen und Mitgliedern zustande. Manche haben auch mehr als einen Ernteanteil.
Lars Aspermühle: Wie setzt sich das zusammen? Was ist der Unterschied von einem halben und einem ganzen Ernteanteil? Was erhält man als Mitglied von der Ernte?
Andreas Münnig: Das ist einfach ein Mengenunterschied. Wir wiegen oder zählen die geernteten Produkte rechnen dann auf die Ernteanteile herunter. Wenn wir z.B. 20 kg Tomaten haben und 20 Anteile, dann bekommt jeder Ernteanteil 1 kg. Und bei einem halben Anteil bekommt man eben nur 0,5 kg.
So kann man sich entscheiden, ob man einen hohen Bedarf an Gemüse hat und einen ganzen Ernteanteil benötigt. Wir rechnen, dass ein Anteil für ein bis zwei Personen reichen sollte. Ein halber Anteil reicht ungefähr für eine Person. Das ist die Theorie, aber das ist immer schwer zu planen.
Lars Aspermühle: Helfen alle Mitglieder mit auf dem Feld oder gibt es auch Mitglieder, die nur einen Beitrag bezahlen und ihren Gemüseanteil bekommen bzw. kann jeder mitmachen und kann man Mitglied werden, ohne mitzuhelfen?
Andreas Münnig: Wir haben keine Mithilfepflicht. Es gibt auch andere solidarischen Landwirtschaften, die anders organisiert sind und dies unterschiedlich geregelt ist. Dort gibt es eine Pflichtmithilfe, von mindestens 12 oder 24 Stunden im Jahr, weil das Konzept sonst nicht funktioniert. Wir haben von Anfang an festgelegt, dass wir keine Einschränkungen möchten und den Mitgliedern nicht vorschreiben wollen, dass sie mithelfen müssen.
Dann können wir Leuten die Möglichkeiten bieten, dem Verein beizutreten, auch wenn sie keine Zeit haben oder körperlich nicht in der Lage dazu sind. Wir wollten niemanden ausgrenzen. Wir stehen auch erst am Anfang und sind froh die Mindestanzahl an Mitgliedern, die das ganze wirtschaftlich machen, zu erreichen. Ich möchte jedem die Möglichkeit zu geben, der sich dafür interessiert und das unterstützen möchte und Teil des Ganzen sein möchte. Die Person kann von mir aus gerne mitmachen.
Lars Aspermühle: Wie würde man denn mitmachen, wenn man körperlich eingeschränkt ist und nicht auf dem Feld arbeiten kann?
Andreas Münnig: Erstmal werden die Mitglieder nur gebeten mitzuhelfen. Wir laden einmal im Monat zu einem Aktionstag ein, wo man kommen kann, wenn man kann und möchte, aber es ist keine Pflicht. Wenn wir Erntezeit haben, schreibe ich die Leute auch an, ob sie helfen können.
Lars Aspermühle: Das sind dann alles Mitglieder?
Andreas Münnig: Das sind dann die Vereinsmitglieder. Dieses Jahr haben wir zusätzlich noch einen Mini-Jobber eingestellt, der uns auch noch unterstützt.
Lars Aspermühle: Das ist dann ein festes Angestelltenverhältnis?
Andreas Münnig: Ja, das ist ein festes Angestelltenverhältnis.
Lars Aspermühle: Wie ist es denn bei dir? Du bist dann ja recht viel hier? Wird das bezahlt?
Andreas Münnig: Es gibt verschiedene Modelle von solidarischen Landwirtschaften. Bei uns ist das so, dass wir den Verein haben und ich habe zusätzlich noch meinen landwirtschaftlichen Betrieb. Zwischen dem Verein und dem Betrieb besteht ein Kooperationsvertrag und der Verein hat mich beauftragt, auf dessen Pachtfläche Landwirtschaft zu betreiben.
Lars Aspermühle: Du bist dann quasi extern für den Verein angestellt?
Andreas Münnig: Nein, ich habe meinen eigenen Betrieb und da ist auch der Mini-Jobber angestellt und ich habe eine Vertrag mit dem Verein, dass ich auf deren Fläche Gemüse anbaue.
Lars Aspermühle: Du bist also nicht direkt beim Verein angestellt, sondern der Verein beauftragt deine Firma.
Andreas Münnig: Ja, genau. Ich stelle dem Verein Rechnungen. Am Anfang des Jahres wird dann die Summe festgelegt.
Lars Aspermühle: Dadurch hast du dann auch eine Planungssicherheit?
Andreas Münnig: Genau, das ist ja auch der große Vorteil für die Landwirte einer solidarischen Landwirtschaft, dass man einen festen Stamm an Abnehmern hat und regelmäßig über die Mitgliedsbeiträge bezahlt wird.
Lars Aspermühle: Durch Mitglieder die festgelegte Mengen an Gemüse abnehmen, steht dann am Anfang des Jahres schon fest, was ihr anbauen müsst und welche Mengen benötigt werden und kann dann planen?
Andreas Münnig: Ja, ich kann ja nochmal eben das Prinzip der solidarische Landwirtschaft erklären.
Bei der solidarischen Landwirtschaft gibt es unterschiedliche Modelle, meist ist es ein Verein oder eine Genossenschaft. Deren Mitglieder verpflichten sich für ein Jahr einen Mitgliedsbeitrag zu zahlen, also für eine Erntesaison und im Gegenzug dazu bekommen sie die Ernte, die ein Landwirt anbaut. Am Anfang der Saison, wird das schon alles geplant. Was und wieviel oder auch zu welcher Zeit angebaut wird und was es kosten wird, wie der Aufwand ist und welche Geräte man benötigt. Dies alles wird aufgelistet. Dann weiß man am Anfang der Saison welches Budget wir benötigen. Das wird auf die Mitglieder oder Ernteanteile aufgeteilt.
Lars Aspermühle: Ist man automatisch Mitglied, wenn man Gemüseabnehmer ist?
Andreas Münnig: Ja, die Leute die das Gemüse bekommen sind alle Mitglieder.
Lars Aspermühle: Aber es gibt auch eine Art Probeabonnement?
Andreas Münnig: Das war ein Sonderfall. Eigentlich bekommen nur die Mitglieder das Gemüse, aber um die solidarische Landwirtschaft anderen Leuten näher zu bringen, die noch keine Berührung damit hatten und sich damit noch nicht auskennen, wollen wir auch diesen Menschen ermöglichen da ein bisschen reinzuschnuppern, ein paar Wochen mitzumachen und zu schauen, wie das abläuft. Vielleicht auch um die anderen Mitglieder besser kennen zu lernen. Dazu haben wir das Probeabo mit ins Programm genommen.
Man das Probeabo einen Monat, bei Bedarf und Verfügbarkeit auch länger nutzen. Es haben sich schon einige Menschen gemeldet und aktuell sind unsere Kapazitäten ausgereizt. Das funktioniert eben auch nur so lange, wie überschüssiges Gemüse zur Verfügung steht. Und weil wir noch Kapazitäten hatten, konnten wir das so anbieten.
Ansonsten kann man sich ab der Saison 2025 als Mitglied anmelden. Man kann eigentlich immer zum Feld kommen, aber da wir nicht jeden Tag hier sind, besucht man uns am besten auf der Internetseite www.solawi-kleve.de. Da kann man dann nachschauen, sich infomieren und mich anschreiben. Am besten ist es natürlich sich persönlich zu treffen, da die Thematik doch sehr umfangreich ist und außerdem können sich die Menschen bei der Gelegenheit auch direkt das Feld ansehen.
Lars Aspermühle: Es ist ja auch schön, wenn man weiß woher das Gemüse kommt und wer die Leute sind, die dahinter stehen.
Andreas Münnig: Um nochmal zur Erklärung der solidarischen Landwirtschaft zurück zu kommen.
Am Anfang des Jahres wird, wie gesagt, das benötigte Budget berechnet und auf die Mitglieder aufgeteilt.
Man hat aber auch die Möglichkeit, das haben wir dieses Jahr nicht gemacht, werden wir aber voraussichtlich im nächsten Jahr machen, eine sogenannte Bieterrunde abzuhalten.
Lars Aspermühle: Was ist das?
Andreas Münnig: Das ist ein Instrument, um die Angelegenheit noch solidarischer zu gestalten. Es soll ja eine solidarische Landwirtschaft sein.
Lars Aspermühle: Ich könnte mir vorstellen, dass hier geschaut wird, wer mehr verdient und vielleicht mehr bezahlen möchte, als jemand der zum Beispiel Student ist und nicht soviel verdient. (Wie hoch ist der Mitgliedsbeitrag?)
Andreas Münnig: Ja genau. Wenn man ausrechnet, dass wir von jedem Mitglied 70,00 € brauchen und dann alle Kosten gedeckt wären, würden wir eine Bieterrunde abhalten und wenn Leute dabei sind, die es sich leisten könnten, etwas mehr zu bezahlen, könnten die zum Beispiel 80,00 € pro Ernteanteil bezahlen und dafür kann eine andere Person, die etwas weniger verdient nur 60,00 € zahlen.
Lars Aspermühle: Das ist eine gute Idee. Wenn man zum Beispiel im Moment in ein Geschäft geht, bezahlt jeder Mensch gleich viel, egal was er verdient. Aktuell zahlt man im Bio Laden 8,00Euro für ein Kilo Tomaten und 12,00 € für die kleinen Tomaten. Das ist nicht wenig, wenn man ein Studentenbudget hat.
Andreas Münnig: Genau und so kann man den Beitrag ein bisschen variabel gestalten. Wenn quasi ein Student sagt, ich kann mir diese 70 Euro, bzw. im Moment sind es ja bei uns 84 Euro, pro Ernteanteil nicht leisten, aber einen um 10 Euro geringeren Beitrag für Gemüse könnte ich mir leisten und dann würde ich auch mitmachen, dann ist die Bieter-Runde ein Instrument, um steuernd einzugreifen.
Grüne Tomatensorte im Solawi-Gewächshaus
Andreas Münnig: Ein anderes Instrument, was man nutzen kann, um mehr Leuten die solidarische Landwirtschaft zugänglich zu machen, ist die Mitarbeit.
Wir sind jetzt gerade noch in der Budgetplanung, deswegen weiß ich nicht ganz genau, auf welche Beiträge es hinauslaufen wird, aber es wird wahrscheinlich
um die 50 Euro sein. Man würde mit 50 Euro schon einen ganzen Ernteanteil bekommen, solange man mithilft.
Dann müsste man wahrscheinlich etwa 24 Stunden pro Jahr mithelfen, also im Schnitt 2 Stunden pro Monat. Das ist nicht wirklich viel. Diese Stunden kann man auch zum Beispiel an 3 Tagen nacheinander abarbeiten oder man hilft jeden Monat 2 Stunden beziehungsweise kann man auch nur am Wochenende mitarbeiten.
Lars Aspermühle: Gerade im Winter fallen auch weniger Arbeiten an?
Andreas Münnig: Ja, in diesem Zusammenhang werde ich auch bei uns auf der Internetseite nochmal einen Kalender einrichten, in den man sich eintragen kann und wo ich nochmal bekannt gebe, wo
gerade Bedarf besteht und wann sich kleine Timeslots ergeben, um mitzuhelfen. Da können sich die Leute dann eintragen.
Wenn Mitglieder aber überhaupt keine Zeit haben, weil sie viel arbeiten oder aus anderen Gründen nicht können, dann müssen sie einen höheren Mitgliedsbeitrag bezahlen.
Um die 17 Euro pro Stunde, um am Ende auf die auf 84 Euro pro Monat zu kommen.
Man rechnet quasi aus, was an Arbeitskraft fehlt.
Lars Aspermühle: Aber wie ist es, wenn ihr zu viele Mitglieder habt, die keine Zeit haben, aber dennoch Gemüse wollen? Wäre das ein Problem
Andreas Münnig: Dann wäre eigentlich kein Problem, weil die Leute dann auch mehr bezahlen.
Lars Aspermühle: Und dann würdet ihr dafür jemanden einstellen?
Andreas Münnig: Die Mitglieder bezahlen jetzt 17 Euro pro Stunde anfallender Arbeit und dafür würden wir dann halt jemanden einstellen. Das ist natürlich auch eine Möglichkeit.
Das muss natürlich am Anfang schon festgelegt werden und dann, je nachdem, wie viele Stunden wir vergeben, können wir dann halt noch eine zusätzliche Hilfskraft einstellen.
Lars Aspermühle: Wie gestaltet sich das im Sommer? In diesem Zeitraum fallen immer Arbeiten an.
Du musst zum Beispiel bewässern oder Schädlinge auslesen und da muss sicher immer jemand vor Ort sein?
Andreas Münnig: Ja, da muss auf jeden Fall immer jemand da sein.
Ich hatte dieses Jahr auch nicht viel Urlaub. Gerade jetzt am Anfang des Projektes.
Wir hatten schon ab Juli unseren Minijobber, aber bis dahin war ich ja ganz alleine hier und konnte das Feld nicht sich selbst überlassen.
Im August hatte ich mir dann mal eine Woche Zeit genommen. Da war der Minijobber
gerade da und hatte schon ein paar Wochen mitgearbeitet und Erfahrung gesammelt. Da konnte ich mal eine Woche kurz weg, aber sonst war es halt nicht möglich.
Für die Zukunft wäre es schön, wenn wir so ein bisschen das landwirtschaftliche Team vergrößern könnten, um mehr Flexibilität zu schaffen.
Die ganze Arbeit ist sehr anstrengend und dann ist gut, wenn ein paar Tage Pause möglich sind und andere Leute die Arbeiten übernehmen können.
Es geht sicher nicht zu jeder Jahreszeit, aber wenigstens mal zwischendurch.