Interview mit Marco Janßen - Imker aus Bedburg-Hau

Imker Marco Janßen mit Honigglas

Das Interview fand am 17.01.24 an der Hochschule Rhein-Waal in Kleve statt.

Marco ist ein Imker aus Bedburg-Hau am Niederrhein, der hervorragenden regionalen Honig und andere Bienenprodukte produziert. Man kann seine Produkte direkt bei ihm zu Hause in der Horionstraße 50 oder auf regionalen Märkten kaufen.

Aspermühle: Wer bist du?


Marco Janßen: Ich bin Marco Janßen und ich bin Hobby-Imker.

Aspermühle: Wie oder warum bist du zur Imkerei gekommen?

Marco Janßen: Ich bin selber durch einen Vortrag von 2 Imkermeistern, Udo Baumgärtner und Thomas Radetzki, 2007 in Lahnstein, zur Imkerei gekommen. Diese wiesen zu jener Zeit auf das Bienensterben hin und auf die veraltete Imkerschaft und beschlossen Imker auszubilden und da habe ich mich angemeldet und mir auch direkt Bienen angeschafft, weil es mich so fasziniert hat.
Das Interesse Bienen zu retten stand somit im Vordergrund. Außerdem mag ich Honig sehr gerne.

Aspermühle: Wie lange imkerst du schon?

Marco Janßen: Seit 2008.

Aspermühle: Ist die Imkerei dein Hauptberuf?

Marco Janßen: Ich bin eigentlich Tischler.

Aspermühle: Könntest du dir vorstellen Vollzeitimker zu sein und wieviele Bienenvölker bräuchte man, um davon leben zu können?

Marco Janßen: Ich könnte mir auch vorstellen Berufsimker zu sein, nur dass ist im Moment nicht möglich, weil man viel Platz und einen blütenreichen Standort braucht und natürlich deutlich mehr Völker – bis zu 300. Und es ist auch ein Eingriff ins Leben. Man braucht schon eine Familie, die einem den Rücken freihält. Aber ich habe meine Arbeitszeit auch schon reduziert, um genügend Zeit für die Imkerei zu haben.

Aspermühle: Betreibst du auch Königinnenzucht?

Marco Janßen: Das entspricht nicht meiner Philosophie. Ich möchte eigentlich mit den Bienen arbeiten, die hier leben, durch Schwarmfang. So vermehre ich meine Völker.

Aspermühle: Wieviel Völker hast du und welche Bienenart(en) hast du?

Marco Janßen: Aktuell 12 Völker von der westlichen Honigbiene.

Aspermühle: Woraus besteht eigentlich ein Bienenvolk und wieviele Bienen gibt es pro Stock im Sommer bzw. Winter? Kennst du alle mit Namen? :)

Marco Janßen: Es gibt verschiedene Wesen im Bienenstock. Es gibt eine Königin die länger ist als alle anderen Bienen, diese legt im Sommer am Tag 2.500 Eier. Das ist schon eine wahnsinnige Leistung. Dafür braucht sie sich um nichts anderes zu kümmern und wird gefüttert und gepflegt, von den Arbeiterinnen.

300 Drohnen im Sommer, das sind die mit den dicken Augen und diese sind auch etwas größer als die Arbeiterinnen. Sie können weiter fliegen, brummen lauter, haben aber keinen Stachel.

Die Arbeiterinnen sind 30-60.000. 10.000 im Winter und je nach Bienenbeute bis zu 60.000 im Sommer.

Dann besteht das Volk auch noch aus Waben, welche aus Wachs gebaut werden, das von den Bienen ausgeschwitzt wird, wofür diese spezielle Drüsen besitzen. Innerhalb von einer Woche schaffen es die Bienen 3-4 Waben zu bauen, welche ausreichend groß sind um den Winter zu überstehen. Es sind ungefähr 1-2 kg Wachs in einem Volk enthalten. Frisches Wachs ist in der Regel, und wird durch Propolis und Pollen mit der Zeit immer dunkler.


Bienenkönigin zwischen Arbeiterinnen

Aspermühle: Wo hast du deine Völker stehen und was sollte man bei der Standortwahl beachten? Was brauchen Honigbienen?

Marco Janßen: Die stehen in der Horionstraße 50, in Bedburg Hau, bei mir im Garten.

Honigbienen benötigen Schutz vor Wetter und Feinden. Ursprünglich lebten Bienen in hohlen Bäumen oder Höhlen. Vor allem wegen des Wetters aber auch wegen Bären und Vögeln, die den Honig oder die Larven fressen wollen. Außerdem benötigen Bienen Pollen, also den Blütenstaub und Kittharz. Kittharz von Knospen und Bäumem ist das Propolis, welches wirksam gegen Bakterien, Viren und Pilze ist. Außerdem Nektar in ausreichender Menge.

Eine sichere Wasserquelle in 20-30m Entfernung ist optimal, aber sie würden auch weiter fliegen. Außerdem benötigen Sie mittlerweile ein Behandlung gegen die Varroa-Milbe.

Aspermühle: Du wanderst auch nicht mit den Bienen?

Marco Janßen: Genau, das habe ich mal gemacht, aber das ist für die Bienen Stress. Wenn man dann zu einer Obstwiese geht, werden diese in der Regel gespritzt und das möchte ich meinen Bienen nicht zumuten.

Aspermühle: Und was benötigt ein Imker?

Marco Janßen: Natürlich eine Schutzkleidung. Diese wird zwar nicht immer benötigt, aber wenn man an einem Tag imkert, wo die Bienen schlechte Laune haben, wäre es schlecht, wenn man keine besitzt.
Eines der wichtigesten Werkzeuge ist der Stockmeisel, der wie eine kleine Brechstange aussieht. Dieser ist nötig, um die Kästen und die Rähmchen auseinander zu bekommen. Außerdem kann man damit Wachs und Propolis abschaben.

Im folgenden Video werden die unterschiedlichen Arten von Stockmeiseln erklärt:

Man benötigt außerdem einen Smoker, also die Imkerpfeife, was gleichzeitig das beliebteste Schimpfwort für den Imker ist. :)

Es gibt verschiedene Modelle, mit Blasebalg, oder als Pfeife. Ich bevorzuge den Smoker.

Der Rauch bewirkt das die Bienen nicht auf Angriff schalten, sondern denken, dass der Wald brennt und Vorräte aufnehmen.

Eine Feder, um die Bienen von der Wabe zu fegen, ohne diese großartig zu stören. Der Vorteil gegenüber dem Imkerbesen ist, dass Bienen im Besen hängen bleiben können.

Außerdem Bienenbeuten.

Natürlich Fachwissen und einen Versicherungsschutz, da es immer Sturm- oder Wasserschäden oder Vandalismus geben kann.

Außerdem benötigt man Platz fürs Material und später eine Honigschleuder und eine Waage.

Ich benutze eine Waage zum Honigabfüllen um das Bienenvolk vor dem Winter zu wiegen und um damit festzustellen, ob die Bienen genügend Nahrung haben oder zusätzlich gefüttert werden müssen. Mitte September sollten die Bienen ihr Futter im Volk haben. Eine andere Waage, um die Honiggläser zu wiegen.

Einen Wachsschmelzer benötigt man, weil man das Wachs aus hygienischen Gründen immer wieder einschmelzen sollte, damit man sich keine Wachsmotten ausbreiten können.

Weiterhin benötigt man Oxal- und Ameisensäure, Abfülleimer und Zucker zum einfüttern.

Aspermühle: Welche Pflichten hat der Imker?

Marco Janßen: Die Anzahl der Völker sind jährlich bei der Tierseuchenkasse zu melden. Wenn man im Verein ist bekommt man automatisch einen Brief.

Außerdem muß man sich beim Kreisveterinäramt anmelden.

Aspermühle: Wo darf man Bienen halten und wie sieht ein idealer Bienenstandort aus?

Marco Janßen: Eigentlich überall da, wo man niemanden stört, sowohl auf dem Land als auch in der Stadt zum Beispiel auf Dächern. Natürlich sollte man vorher mit den Nachbarn sprechen.

Der Bienenstand sollte für den Imker gebaut sein. Der Standort sollte möglichst das ganze Jahr über Nahrung in der Umgebung bieten, am besten in einem Umkreis von 0,5km, ansonsten muß man mit den Bienen wandern gehen. Die Wasserstelle sollte vorhanden sein und nicht austrocknen, da die Bienen ansonsten Stress haben. Vor allem in trockenen und heißen Sommern, wie in den letzten Jahren.

8. Aspermühle: Wieviel Zeit nimmt die Imkerei in Anspruch?

Marco Janßen: Man benötigt circa 1 Stunde pro Woche je zwei Völker aufs Jahr gerechnet. Aber es gibt natürlich Stoßzeiten, zum Beispiel die Durchsichtzeiten von Ende April bis Juli, wo etwas mehr Zeit benötigt wird. Und die Ernte benötigt einen ganzen Tag. Wenn ich morgens zu den Bienen gehe und die Honigräume herunternehme, die Rähmchen von den Bienen befreie und alles in den Schleuderraum transportiere und dann die Rähmchen entdeckele und schleudere und nach dem schleudern den Honig in Eimer abfülle und dann natürlich alles sauber mache, ist man je nach Menge bis 1-2 Uhr morgens beschäftigt.

Das bezieht sich natürlich auf reineweg aufs imkern. Wenn man ganz von vorne anfängt, dann muß man erstmal den Standort vorbereiten und die Beuten bauen. Aber das sind dann einmalige Arbeiten. Danach hat man jahrelang Ruhe.

Außerdem kann man während der Schwarmzeit (Ende April-Anfang Juli) nicht länger als 7 Tage von seinen Völkern weg sein, wenn man die Schwärme verhindern möchte.

Bis Mitte Ende September sollt man außerdem eingefüttert haben. Hinzu kommen die 2 Behandlungstermine. Der erste nach der zweiten Ernte, Anfang bis Mitte Juli nach der Lindenblüte, mit Ameisensäure. Diese dauert ca. 11 Tage, also kann man ruhig auch mal 14 Tage in den Urlaub fahren. Das muß gemacht werden. Und einmal Mitte Dezember noch eine Oxalsäurebehandlung.

Aspermühle: Welche Arbeiten umfasst die Imkerei?

Marco Janßen: Eine Regelmäßige Kontrolle der Stöcke, vor allem während der Schwarmzeit.

2x im Jahr Honigernte (nach der Raps- bzw. Lindenblüte), schleudern, abfüllen, Küche säubern.

Die Bienen 2x im Jahr gegen Varroa behandeln und die Bienen einwintern (zufüttern).

Das Einfangen oder Verhindern von Schwärmen.

 

Imker mit Wabe

 

Bienenschwarm an einem Pfahl

Aspermühle: Wie verhindert man das ein Volk schwärmt:

Marco Janßen: Am besten in dem man die Weiselzelle, also die Zelle in der die Könnigin herangezogen wird, bricht.

Hierzu bedarf es einer regelmäßigen engmaschigen Kontrollen. Im Abstand von einer Woche kann es schon zu spät sein.

Die Königin benötigt in der Regel 16 Tage vom Ei bis zum Schlupf. 3 Tage lang ist das Ei ein Ei, danach eine Larve und nach dem 9. Tag wird die Zelle verdeckelt.

Ab dem 9. Tag kann also die alte Königin mit der Hälfte des Schwarms abgehen, vor allem wenn das Wetter schön ist und es eventuell vorher geregnet hat.
Wenn der Schwarm abgeht, ist es so laut, als ob jemand eine Turbine angestellt hat, aber nach einer halben Stunde sitzen alle Bienen komprimiert in einer Traube.

Aspermühle: Welche Bienenprodukte erntest du und welche Mengen? Stellst du daraus auch andere Produkte her und wie vertreibst du diese?

Marco Janßen: Ich ernte eigentlich nur Wachs und Honig und etwas Propolis.
Für meinen Eigenbedarf auch Pollen und Perga, also der eingelagerte Pollen, der wesentlich verträglicher ist, weil man den nicht erst noch in Sauermilch einweichen muss. Perga ist direkt bekömmlich.

Aspermühle: Wann wird der Honig geerntet und wieviel Honig erhält man aus einem Bienenvolk.

Marco Janßen: Am Niederrhein 2x im Jahr, nach der Raps- und Lindenblüte. Man kann etwa 40-50kg pro Volk ernten. Aber dies liegt an unterschiedlichen Faktoren, der Umgebung, dem Wetter und der Stärke des Volks und dem imkerlichen Geschick. Es kann sein, dass die Ernte ausfällt und es kann sein, dass man eine Rekordernte erhält.

Aspermühle: Welche Qualitätskontrollen machst du? (Wassergehalt/Schadstoffe)

Marco Janßen: Ich checke den Wassergehalt im Honig vor und nach Ernte und der Honig wird vom Kreisgesundheitsamt in unregelmäßigen Abständen getestet und es gab noch nie Beanstandungen. Die testen zum Beispiel auf amerikanische Faulbrut, Fremdkörper und hygienische Faktoren. Auch das Etikett wird überprüft.

Aspermühle: Gehörst du einem Imkerverein an?

Marco Janßen: Ja, dem Imkerverein Kleve-Kellen.

Aspermühle: Betreibst du eine spezielle Form der Imkerei bzw. welche würdest du empfehlen?

Marco Janßen: Wenn man 10 verschiedene Imker fragt, bekommt man 10 verschiedene Antworten.

Ich benutze Dadant Beuten, welche 51cm im Quadrat groß sind und zu den Großraum Beuten gehören. Da passen 12 Rähmchen rein. Ich benutze allerdings nur 10 im Winter und 6-8 im Sommer, wodurch ich bei der Kontrolle weniger Rähmchen habe, die ich bewegen muss, wodurch die Kontrolle relativ zügig geht, was gut für die Bienen ist. Außerdem gibt es nur einen Brutraum.
Ich habe auch eine zeitlang Warré Beuten benutzt, diese sind zwar sehr minimalistisch, aber auch sehr arbeitsintensiv.
Außerdem gibt es Einraumbeuten, die sehr rückenfreundlich sind, da man keine Zargen schleppen muß.
Dann haben wir noch die Klotzbeute, welches die älteste Art im Garten zu imkern ist. Diese kam direkt nach der Betreung der Bienen im Wald durch die Zeidler, welche dann anfingen Bäume auszuhöhlen. Hier bauen die Bienen in natürlicher Weise.
Dann gibt es noch das deutsch Normalmaß, welches ich auch ausprobiert habe, aber nicht empfehlen würde, da es einen geteilten Brutraum hat und breitere Hoffmann-Rähmchen nutzt mit einer großen Auflage, welches die Gefahr erhöht Bienen einzuquetschen, wovon ich kein Freund bin.


Klotzbeuten als Figurenstöcke im Freilichtmuseum Landwüst

Aspermühle: Welche Arten von Bienen gibt es?

Marco Janßen: Es gibt 9 weltweit verschiedene Arten von Honigbienen. In Deutschland wird in der Regel die westliche Honigbiene verwendet.

Es gibt hierzulande etwa 550 Wildbienenarten und weltweit ca. 30.000 Arten, die in der Regel Soltärbienen und hochspezialisiert sind. Unsere Honigbienen deckt verschiedene Blütenarten ab.

Aspermühle: Behandelst du deine Bienen gegen Krankheiten? Gegen welche und wie?

Marco Janßen: Ich mache eine Behandlung gegen Varroa-Milben. Hierfür benötigt man Oxalsäure, die zum Winter hin (Dezember) eingesetzt wird. Ameisensäure nutzt man zum Sommer hin nach der Ernte zweiten Ernte.

Aspermühle: Seit wann gibt es die Varroa und woher kommt sie?

Marco Janßen: Die Varroa-Milbe kommt aus Asien, von der dortigen Honigbienenart Apis cerana.
Die extrem schnelle Vermehrung fand durch die Nutzung der transsibirischen Eisenbahn statt, da auf diesem Weg Bienenvölker nach Asien transportiert wurden, wo sich die westliche Honigbiene über Schwärme verbreitete und die Milbe überallhin mitnahm und natürlich auch zurück nach Europa Afrika und Amerika brachte. Der einzige Kontinent der bis vor kurzem noch nicht betroffen war, war Australien. Wobei man die Varroa mittlerweile auch dort entdeckt hat.

Aspermühle: Baust du deine Kästen/Rahmen selber?

Marco Janßen:

Ich betreibe Naturwabenbau ohne Draht und nutze Rahmen mit möglichst geringer Auflagefläche, damit keine Bienen zerquetscht werden.

Aspermühle: Bist du Bio-zertifiziert?

Marco Janßen: Leider noch nicht, aber ich imkere wesensgemäß. Ich könnte mich zertifizieren lassen. Das einzige was ich noch ändern müsste, wäre die Fütterung der Bienen entsprechend anzupassen und sie mit Bio-Zucker zu füttern. Aber die Haltung ist schon angemessen
Ich benutze keine Kunststoffbeuten und schneide den Königinnen nicht die Flügel und ich habe keine intensive Landwirtschaft in der unmittelbaren Umgebung.
Also ich könnte es mir vorstellen, wenn es nicht so teuer wäre.

Aspermühle: Wäre es realistisch, dass die Bienen sich selber versorgen und man nicht zufüttern müsste?

Marco Janßen: Je nach Standort wäre es denkbar. Es gibt gute Standorte, wo man wenig bis gar nicht füttern muß. Aber das ist immer ein Riskio. Wenn das Volk zum Beispiel 35kg wiegt und ich hätte lieber 44kg, dann füttere ich auch die fehlenden Kilo und sage nicht, ich füttere die nicht, um meinen Bienen keinen Zucker zuzumuten.
Natürlich, im nächsten Frühling, wenn alles blüht, nehme ich das Futter wieder raus.
Eine Vermischung mit Honig ist aber sowieso ausgeschlossen, da sich der Zucker im Brutraum befindet und ich aus dem Honigraum ernte.

Was auch vielen Menschen Sorgen bereitet, ist die Frage nach dem Jacobskreuzkraut, da dieses sehr giftig ist.

Dies stellt in der Regel aber kein Problem dar, da das Jacobskreuzkraut in der Regel erst dann blüht, wenn die Ernte nach der Lindenblüte schon abgeschlossen ist. Dies könnte höchstens da zum Problem werden, wo es keine Linden gibt.

Aspermühle: Was kann eine Privatperson tun um Bienen zu unterstützen?

Marco Janßen: Die Landschaft zum blühen bringen und entsprechende blühende Pflanzen als Nahrung pflanzen, zum Beispiel eine Blumen- oder Obstbaumwiese pflanzen. Oder auch Früh- oder Spätblüher wie Krokusse oder Bienenbäume. Honig beim Imker kaufen.

Aspermühle: Kannst du etwas zum Thema Insektensterben sagen?

Marco Janßen: Das ist auf jeden Fall ein Riesenproblem, nicht nur für die Insekten, sondern auch für uns Menschen. Wenn wir keine Insekten mehr haben als Bestäuber, dann kommen irgendwann Kipppunkte und dann kann man damit rechnen, dass auch andere Arten, Pflanzen und Säugetiere aussterben.
Solange es genügend Imker gibt, betrifft das Insektensterben die normale Honigbiene erst einmal nicht, da diese die Bienen pflegen.

Aspermühle: Wie erhält man einen Bienenvolk und wie vermehrt man Bienen?

Marco Janßen: Ich mache es über Ablegervermehrung oder Schwarmsammlung. Das empfehle ich auch jedem, mit einem Schwarm anzufangen.

 

Bienenschwarm im Baum

 

Bienenschwarm an einem Torbogen

Aspermühle: Was machen Bienen im Winter und welche Arbeiten fallen dann an?

Marco Janßen: Vor allem aufräumen und Rähmchen vorbereiten. Die Bienen verbrauchen ihre Vorräte. Das sind 20kg, die sie benötigen bis zum März, davon allein 10kg nur im März, weil die Brut in diesem Monat sehr viel benötigt.
Im Winter wird auch einmal im Dezember eine Varroa-Behandlung mit Oxalsäure gemacht.

Aspermühle: Wie macht sich die Behandlung bemerkbar?

Marco Janßen: Ich als Imker bemerke es daran, dass man nach der Behandlung viele tote Milben auf der sogenannten Windel, also der weißen Platte unter den Waben, findet.

Aspermühle: Wie oft wirst du gestochen? :) Was tust du wenn du gestochen wirst?

Marco Janßen: Mit der Zeit wird man weniger gestochen, aber es sind immer noch ca. 10 x im Jahr. Es liegt auch immer daran, welche Arbeiten anstehen. Manchmal wären die Stiche vermeidbar gewesen, wenn man sich anders verhalten hätte. Meistens sind es imkerliche Fehler oder Leichtsinn.

Ein gut gemeinter Rat, wenn man gestochen wird, sollte man sich den Stachel wegkratzen (zum Beispiel mit dem Stockmeisel) und nicht versuchen, ihn herauszuziehen, weil man dann die Giftblase zusammendrückt und dann noch mehr Gift in die Haut eindringt.

Aspermühle: Man hört in den Medien immer mal wieder, dass Bienenstöcke gestohlen werden. Wurden dir schon einmal Bienenvölker gestohlen?

Marco Janßen: Bisher wurde weder mir noch anderen Imkern im Verein Bienenvölker gestohlen. Aber man liest es jedes Jahr. Man sollte also die Bienen schon geschützt platzieren und mittlerweile kann man auch einen GPS-Tracker einbauen.

Aspermühle: Hast du auch mit anderen Insekten zu tun?

Marco Janßen: Ja, jedes Jahr nach der Bienensaison fängt die Wespensaison an und da werde ich fast täglich angerufen um siedle Wespennester um. Aber auch Hornissen- und Hummelnester. Alles was sich irgendwo angesiedelt hat, wo es stört. Entweder berate ich oder ich siedle um.

Aspermühle: Sind Bienen für Nachbarn gefährlich?

Das hängt von vielen Faktoren ab.

Bienen fliegen tief, wenn sie Wasser sammeln. In der Regel in Kopfhöhe. Dies sollte man zum Beispiel beachten, wenn der Nachbar einen Teich hat, denn es kann dazu führen dass der Nachbar belästigt wird. Gefährlich wird es nur dann, wenn man auf einen Stich allergisch reagiert oder wenn man an einer ungünstigen Stelle, wie im Mundraum, gestochen wird.

Aspermühle: „Verleihst“ du deine Bienenstöcke für Bestäubungen?

Marco Janßen: Das mache ich nicht. Die Nachfrage ist auch nicht da und man bekommt zu wenig Geld für die Bestäubungsleistung.

Aspermühle: Wie zukunftsfähig ist die Imkerei in Bezug auf den Klimawandel?

Marco Janßen: Gute Frage, aber das weiß ich auch nicht. Man kann damit rechnen, dass man mehr Verluste haben wird. Die Bienen sind sehr anpassungsfähig aber die Extreme sind bestimmt nicht gesund für die Bienen. Es wird regional zu unterschiedlichen Problemen kommen. Vor allem in sehr trockenen Gegenden, wo die Bienen nicht genug Wasser finden.

Aspermühle: Bienenhaltung in der Stadt wird immer populärer. Was hältst du von in der Stadt geerntetem Honig?

Marco Janßen: In der Stadt wird weniger gespritzt, die Bäume werden gar nicht gespritzt. Auf dem Land werden Obstbäume in Plantagen gespritzt. Oft wird hier aber auch Greenwashing betrieben.
An Flughäfen werden zum Beispiel Bienenvölker aufgestellt und der Honig ist laut Untersuchung sauber. Die Gifte lagern sich aber eher in den Bienen oder im Wachs ab und Honig bleibt sauber, obwohl es an Flughäfen Kerosinrückstände gibt.

 

Bienenbeute

 

Bienenwaben im Dachstuhl

Aspermühle: Interessieren sich deine Kinder auch für die Imkerei?

Marco Janßen: Phasenweise haben die mich natürlich unterstützt. Sie sind schon mal beim Schwarmfang oder der Ernte dabei. Aber das sie selber Imker werden, dass sehe ich nicht. Aber ich war auch mit 20 noch zu jung. Man braucht eine gewisse Ruhe und muß sesshaft werden, aber sie sind noch am studieren bzw. in der Ausbildung.
Ich fände es schön, wenn sie es machen würden.

Aspermühle: Du warst letztes Jahr in deiner Funktion als Imker auf den Philippinen. Was hast du da gemacht?

Marco Janßen: Ich habe eine ortsansässige Imkerei unterstützt in der Entstehungsphase. Wir haben dort leider die westliche Honigbiene eingeführt. Das war nicht mein Wunsch oder meine Empfehlung, sondern der Wunsch von meinem Auftraggeber.

Das Problem ist, dass wir dort auf einer kleinen Insel waren, wo es nur sehr wenige westliche Honigbienen gibt und nur einen anderen Imker und hier hat die Bienenkönigin dann das Problem, dass sie keine Drohnen findet, wenn sie ihren Begattungsflug macht. Und dann gibt es auch bienenfressende Vögel, die Bienenfresser genannt werden und die fangen dann eventuell auch die Bienenkönigin auf dem Hochzeitsflug. Das größte Problem ist also ein Mangel an begatteten Königinnen.

Aspermühle: Warum sollen die überhaupt dort eingeführt werden?

Marco Janßen: Weil sie sie für erfolgreicher und besser gehalten werden, als die heimischen Bienen, was aber nicht der Fall ist. Ich hatte auch ein Augenmerk auf die östliche Honigbiene (Apis cerana) oder Riesenhonigbienen gelegt. Diese wären besser gewesen.